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Die zweite Chance

USA 1993 (In the Line of Fire) R: Wolfgang Petersen, 123 Min.

Was der "Bodyguard" Kevin Costner nur als Scherz am Randeerwähnte, daß seine Nachlässigkeit einPräsidentenattentat ermöglichte, nutzten Regisseur WolfgangPetersen und Hauptdarsteller ClintEastwood als Grundidee für "In the Line of Fire". Deroscarreiche Star spielt den erfahrenen Geheimdienstmann FrankHorrigan. Als ein Psychopath den Präsidenten der USA umbringenwill, erhält Horrigan die Gelegenheit, seine Vergangenheitaufzuarbeiten, .Der Killer (John Malkovich: exzellent!) spielt jedochgeschickt mit seinen Gegnern, er kennt Vergangenheit und ÄngsteHorrigans, weiß sogar, daß dieser vor Jahrzehnten John F.Kennedy hätte retten können.

Nach dem intelligenten Western "Unforgiven" kann "In the Line ofFire" als zweiter Teil von Eastwoods Vergangenheitsbewältigunggesehen werden. Empfindsam und menschlich zeigt sich der einstknallharte "Dirty Harry". Dieses 'Alterswerk' bietet bei einem gutenMaß an Spannung allerdings etwas weniger Action. Die Kameraverlangt mehr Mimik vom nahen Gesicht und gönnt dem Rest desKörpers öfters Ruhe. Einen Monat vor dem deutschen Startals "Die zweite Chance" läßt sich vor allem MalkovitchsStimme in den Niederlanden bereits in der Originalversiongenießen.

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Von Günter H. Jekubzik

Aachen. Frank Horrigan, der getarnte Polizist, ergreift die vomDrogenhändler gereichte Waffe, setzt sie seinem zitternden,gefesselten Polizei-Kollegen an die Stirn und drückt ab. DasKlicken der leeren Patronenkammer hätte er erwartet,erklärt Frank seinem jungen Kollegen, nachdem die drei Gangsterin einem kurzen Prozeß erledigt wurden. Solch einenunterkühlten und gleichzeitig überlegenen Typen erwartetdas Publikum von Clint Eastwood. Doch "Die zweite Chance" zeigt denharten Mann auch sanft klimpernd und Liebesgeständnissesäuselnd am Klavier. Wenn er seiner vertrauten Kollegin voneiner traumatischen Vergangenheit erzählt, wendet sich dieKamera dezent ab, um mögliche Tränen des einsamen,gebrochenen Mannes auszublenden.

Der Film des Regisseurs Wolfgang Petersen mit deroscarüberschütteten Leinwand-Legende Clint Eastwood in derHauptrolle basiert in seiner psychologischen Dramatik ganz auf einenMoment, auf eine Entscheidung des Secret Service-Agenten FrankHorrigan: Am 22.November 1963 hätte sich der LeibwächterJohn F. Kennedys vor seinen Präsidenten werfen und damit dessenLeben retten können. Das weiß auch der anonyme Anrufergenau, der Frank dreißig Jahre später mit gezieltenAttentats-Drohungen zu einem Duell um das Leben des jetzigenPräsidenten herausfordert. Er nennt sich 'Booth', genau wie derMörder Abraham Lincolns. Frank muß nicht nur diewahnsinnigen Spiele eines cleveren Killers ertragen, er mußsich auch gegen die Zweifel jüngerer Vorgesetzten wehren, dieihren Präsidenten in eine lebensgefährliche undunübersichtliche Öffentlichkeit hinaus lassen wollen, damiter die nötigen Prozente für die nächsten Wahlenhereinholt.

Die 37.Hauptrolle des 63-jährigen Eastwood gibt ihm auf derCinemaScope-Leinwand viel Raum für ein breites Band anGefühlen. Komik, Einsamkeit, ernstzunehmende Liebe wiegen dieAction-Elemente auf und machen "Die zweite Chance" (Originaltitel "Inthe Line of Fire") zu einem spannenden Film mit gut konstruiertem,interessantem Hintergrund. In der Aufgabe des Gegenspielers ist JohnMalkovich ("Gefährliche Liebschaften", "Von Mäusen undMenschen") dem legendären Clint Eastwood ebenbürtig. Vorallem seine Stimme macht (in der Originalversion) eine wahnsinnigeBedrohung greifbar, die auf einer deutlichen Staatskritik basiert.Denn Booth und Frank arbeiteten beide für den gleichen 'Laden',für Geheimdienste der USA, wobei ihr äußersterpersönlicher Einsatz nur mit Undank belohnt wurde. Trotzdemwägt Frank immer wieder sein Leben gegen das irgendwelcherPräsidenten ab.

Der über 50-jährige Wolfgang Petersen, war in der BRDseit den Siebzigern Fernsehregisseur, bevor er 1981 mit dem "Boot"auch internationale Bekanntheit erlangte. Es folgten "Die unendlicheGeschichte" und "Enemy Mine - Geliebter Feind", schon mitamerikanischen Stars. Petersens erster Hollywood-Regie "Tod imSpiegel" war allerdings kein großer Erfolg beschert, sodaß er eine Weile auf seine "Zweite Chance" in den USA wartenmußte. Der Regisseur und sein Star Eastwood kokettieren inInterviews auch oft mit ihren persönlichen Aspekten an derGeschichte des gealterten Secret Service-Agenten Frank Horrigan.Beiden gelang über zwei Stunden fesselndes Werk, daskonventionelle Spannung mit einfühlsamen Momentenausbalanciert.


Eine Kritik von GünterH. Jekubzik

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