Der Zementgarten

BRD/GB/Fr. 1992, (The Cement Garden) Regie und Buch: Andrew Birkin, 105 Min.

Wüste, verlassene Industrietrümmer bestimmen die Umgebung. Die Seelen der in ihr angesiedelten Familie müssen ähnlich aussehen.

Graue Fassaden der Häuser und triste Gesichter der Eltern verbinden sich mit kühlem, harten Licht. Beim Versuch, den natürlichen Wildwuchs des Gartens einzuzementieren, versagt das kaum vorhandene Herz des Vaters (Hanns Zischler). Die kranke Mutter ist den Belastungen nicht gewachsen und stirb bald darauf ebenfalls. Zurück bleiben zwei androgyne Geschwisterpaare, eins jung, das andere bereits pubertierend. Ihr Verhalten wirkte schon immer sonderbar, so verwundert es jetzt kaum, daß sie die Leiche der Mutter im Keller einzementieren, um von der Welt ungestört ihr Leben führen zu können. Der kleine Tom darf endlich ein Mädchen sein und mit seinem Freund Familie spielen, Jack und Julie haben den Freiraum, ihre Gefühle füreinander wachsen zu lassen. Die vier Kinder stehlen sich aus allen Konventionen und entwickeln ihre eigene Moral, die allerdings von außen bedroht wird.

Der brenzlige Stoff, zu dem die glatten Kinder-Darsteller anfangs nicht passen wollen, entstand nach dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan. Seine Texte waren bereits mehrfach Grundlage sehr interessanter Filme: Wolfgang Becker gewann mit "Schmetterlinge", der Nachzeichnung eines tödlichen Sehnsuchts-Falles, 1988 in Locarno einen Goldenen Leoparden und Paul Schrader realisierte mit "Der Trost von Fremden" einen ebenso verstörenden Film über menschliche Handlungen, die leichthin in den Grenzbereich des Perversen abgeschoben werden.Stilistisch nicht ganz sicher, beläßt Regisseur Birkin im "Zementgarten" die Brisanz eines unterlaufenen Inzestverbotes - das ja die Grundfesten unserer Gesellschaften mitbildet - vorsichtig verhüllt und angedeutet. Er wiederholt aber auch nicht die Bild-Platitüden aus "Salz auf unserer Haut". Als Bruder der Schauspielerin Jane Birkin spielte er in Interviews auf der diesjährigen Berlinale ("Der Zementgarten" erhielt dort den Silbernen Bären) oft mit autobiographischen Bezügen seines Films.Letztendlich erzielt vor allem Charlotte Gainsbourg als Julie mit dem "Zementgarten" eine lang anhaltende Verstörung.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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