Der Zauber von Malena

I 2000 (Malena) Regie und Buch Guiseppe Tornatore, 97 Min.

Der Duce verkündet im Radio den Krieg gegen Frankreich und England, die Massen im sizilianischen Dorf Castelcuto jubeln, der dreizehnjährige Renato erhält sein erstes Fahrrad. Aber viel wichtiger war für ihn an diesem Tag der erste Blick auf Malena. Die junge Frau ist die Attraktion des Ortes. Wenn die Strohwitwe - ihr Mann ist bei der Armee - das Haus verlässt, starrt eine geile Parade der Gaffer ihrem Hintern hinterher. Beim täglichen Spießrutenlaufen zerreißen sich die eifersüchtigen Frauen das Maul über die verrufene, stolze Frau aus einem anderen Dorf. Es ist das Jahr 1941. Lange Hosen, so verspricht Robertos kommunistischer Vater, die gibt es erst, wenn jemand den Schädel des Duce zerschlägt. Eine Bedingung, die sich unerwartet und trefflich erfüllt.

Renato geht in seiner Schwärmerei für Malena weiter als alle anderen. Er folgt ihr, spioniert ihr nach und straft die Lästermäuler. Provoziert von Malenas Reizen entwickelt der Junge eine sexuelle Obsession, die Eltern und Kirche extrem beunruhigen. Doch der pragmatische Vater verschreibt statt Teufelsaustreibung einen Bordellbesuch. Derweil beginnt der Leidensweg Malenas. Sie wird angeklagt wegen Ehebruchs. Die Männer schauen jetzt nur noch zu, wenn die Frauen ihren hässlichen Neid erschreckend brutal an Malena auslassen. Spätestens da ist es kein schöner Rückblick mehr. Ein Jahr später, bei der Rückkehr des Mannes, müssen die verlogene Gesellschaft und Malena sich gegenseitig wieder auf dem Marktplatz grüßen. Eine Situation, die weit spannender ist, als das meiste vorher. Aber da ist der Film auch schon zu Ende.

"Malena" ist über lange Strecken ein Jungen- und Pubertätsfilm wie viele andere. Die Jugenderinnerungen sind mit der persönlichen Signatur "Für meinen Vater" unterschrieben. Der Kinofan Roberto sieht sich in Filmrollen Tarzan, Ringo - sicher eine Parallele zum Kinofan Tornatore. Ansonsten geht es um den Wunsch, endlich lange Hosen zu bekommen und um den Vergleich der Schwanzlänge. Diesmal ist der sehr reizvolle Hintergrund der sonnige Süden Italiens, das Erlebnis, das Roberto zum Erwachsenen macht, die Grausamkeit der Mitmenschen und die Erkenntnis der eigenen Schwäche. Ennio Morricones Musik klingt nach "Cinema Paradiso" und nach dem Mythos der unerfüllten Liebe, dem Tornatore auch mit "Malena" wieder nachhängt. Das sieht alles ganz gut aus, ist aber keineswegs originell.

Doch ganz harmlos ist die Geschichte nicht, was schon in der Anfangsszene eine Gruppe von Jungen zeigen, die eine Ameise unter dem Brennglas quälen und sich nach deren Tod brav katholisch mit einem Gebet entschuldigen. "Malena" ist mehr als nur der feuchte Jungentraum eines italienischen Macho. Die Schwärmerei Robertos ist untrennbar mit den äußeren Ereignissen, den Schwarzhemden Mussolinis, den deutschen Besatzern, den Bombenangriffen und dem Einmarsch der Amerikaner verbunden.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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