The War Zone

GB 1998 (The War Zone) Regie Tim Roth, 99 Min. FSK ab 16

Von seinen Rollen her kennt man Tim Roth als rauen Gangster, als Kriminellen mit vielen Schattierungen bei "Reservoir Dogs", bei "Pulp Fiction", bei "Little Odessa" oder historisch in "Rob Roy". Dabei war er meist gewalttätig, seine erste Regie dagegen ist einfach gewaltig.

An einer schroffen, abgelegenen Küste Englands hockt eine Familie in seltsamer, einvernehmlicher Stille zusammen. Die hochschwangere Mutter (Tilda Swinton) thront im bedrückenden Dämmerlicht in heiliger Nacktheit. Mitten im sexuellen Erwachen des Sohnes Tom (Freddie Cunliffe) sieht dieser den Vater (Ray Winstone) und die Schwester Jessie (Lara Belmont) zusammen im Bad, und ein Verdacht wächst. Die Verstörung Toms ergreift von nun an unerbittlich auch die Zuschauer, eine unerträgliche Situation ohne Gelegenheit zur Flucht packt an Herzen und Kehlen.

Der begnadete und trotzdem bescheidene Schauspielstar im Roth beklagte sich über die Mißachtung seiner Intelligenz in den US-amerikanischen Filmen und lieferte mit "The War Zone" gleich das Gegenmittel. Seine drastische Geschichte um den Inzest in einer englischen Familie kann nicht einfach in Wohlgefallen aufgehen. Der Zuschauer muss auch nach dem Film noch mit losen Enden und offenen Fragen fertig werden. Der erschütternde Missbrauch arbeitet mit wunderbar eindringlichen Bildern und exzellent geführten Darstellern, die teilweise erstmals vor der Kamera standen. Seine gewaltigen Gefühlen erzeugt der Film mit der Kraft der Bilder, mit ungeheuer ausdrucksstarken Gesichtern und Landschaften.

Höchstens die Tatsache, dass dieser Film zu gut, zu ernst und zu erschütternd ist, dürfte seinem Erfolg im Wege stehen. Oder vielleicht, dass er zu intelligent ist ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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