Der scharlachrote Buchstabe

USA 1995 (The Scarlet Letter) Regie Roland Joffé, 135 Min.

Dynamisch kommt Hester Prynne in Massachusetts an, um den Umzug ihres Mannes vorzubereiten. Nichts Besonderes - hätten wir nicht 1666 und Massachusetts wäre New Jerusalem nicht eine Kolonie sittenstrenger, bigotter Puritaner. Schon bei den ersten Schritten an Land redet Hester zuviel, zeigt zu gute Kleidung und streckt einem ehrwürdigen Dorfoberen einfach so die Hand entgegen. Damals, als Ehebruch noch ein Abenteuer war, verliebt sie sich in den jungen Dorfpriester Dimmesdale, wird schwanger und gibt den senilen Dorfführern langersehnten Grund für drastische Maßnahmen. Hester landet für Monate im Gefängnis, weil sie den Namen des Kindsvater nicht preisgibt. Falls ihr vermißter Gatte doch noch auftaucht, droht ihr sogar der Galgen. So ließe sich das große A, das sie als scharlachroten Buchstabe von nun an auf der Kleidung tragen muß, eher als Zeichen für Anarchie als für Adultery, Ehebruch, verstehen.

Dimmesdale, die Figur Oldmans kann in der Gespaltenheit zwischen Liebe und Schuldgefühl noch Interesse wecken. Robert Duvall legt als Doktor Prynne, der zum sadistischen Medizinmann mutierte, eine tolle Nummer hin. Auch Joan Plowright gibt die Puffmutter vollkommen glaubwürdig. Nur Demi, diese bejubelte Leinwandattraktion, hätte sich weiter an heutige ãEnthüllung" bei ãGhost" halten sollen und ãEin unmoralisches Angebot" wie ãThe Scarlet Letter" ausschlagen sollen. Denn Demi Moore erscheint furchtbar unpassend bekleidet - sie konnte sich einfach nicht in diese historische Rolle einspielen und bleibt immer Fremdkörper. Ganz wie der sehr künstliche Wald, der sich nicht zwischen einer surrealen Erscheinung mit Hirschen auf Moos und der Frische eines irischen Frühlings entscheiden will.

In diesen Wäldern erwarten die Indianer lange ihren Auftritt. Der bringt dann als große Action-Einlage Erlösung von bebilderter Langeweile. Der Film betreibt enormen Kulissen- und Kostümaufwand. So sieht er wenigstens recht schön aus. Die Vorlage stammt von Nathaniel Hawthorne und zählt zu den Klassikern der Weltliteratur, aber der äußerst trägen Dramaturgie hilft das auch nicht.

Regisseur Roland Joffé läßt seine Filmographie, die durchaus bewegende Themen immer überdramatisiert, weiter bergab laufen: Nach dem Kambodscha-Film ãThe Killing Fields" (1984) folgte das historische Drama eines Priesters in Lateinamerika ãThe Mission" (1986). ãFat Man and Little Boy" (1989) war eine historisch ebenso abgeschmackte Atombomben-Lüge wie ãCity of Joy" (1992) soziale Themen mißbrauchte.

Um noch etwas Nettes zu erwähnen: im nächsten Disney ãDer Glöckner von Notre Dame" dürfen wir Demi Moores schön rauhe Stimme als Esmeralda genießen.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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