Locarno. Die internationalen Filmfestspiele Locarnos vergaben am Donnerstagabend ihren diesjährigen Ehren-Leoparden für ein Gesamtwerk an den Regisseur Werner Schroeter. Damit steht der 1945 in Thüringen geborene Schroeter in der Nachfolge von anderen "schwierigen" Filmkünstlern wie Manoel de Oliveira, Kira Muratova oder Jean-Luc Godard. Die mit 20.000 Schweizer Franken dotierte Goldfigur wurde von der Schauspielerin Géraldine Chaplin überreicht. Locarnos Festivaldirektor Marco Müller und weitere Redner betonten Schroeters Kunst, "die Schönheit im Film festzuhalten". Selbst der ihm gewidmeten Zeremonie verlieh der Regisseur mit Hölderlin-Versen außergewöhnlichen Stil.

Danach verwandelte die Weltpremiere seines neuen Films das Open Air-Kino der Piazza Grande in eine Opernbühne. "Abfallprodukte der Liebe" versammelt in einem halb verfallenen Schloß drei berühmte Sängerinnen, die den Regisseur beeindruckten: Anita Cerquetti, Martha Mödl und Rita Gorr. Erste 8mm-Filme waren schon 1968 von der Callas bestimmt, deren Stimme Schroeter seitdem immer wieder verwendet. Sein nächster Film wird eine Dokumentation über Maria Callas sein.

Einzigartig in Schroeters bislang dreißigjährigem Schaffen ist die enge Verbindung von Film, Theater und Oper. Die Filmhochschule Münchens sah den Autodidakten nur kurz. Seine bekanntesten Filme waren "Neapolitanische Geschwister" (1978) sowie "Palermo oder Wolfsburg" (1980). 1991 kam Schroeters "Malina" (nach Ingeborg Bachmann) ins Kino, Isabelle Huppert spielte die Hauptrolle. In "Abfallprodukte der Liebe" tritt die französische Schauspielerin nun hinter die Sänger zurück. Der Titel meint nicht nur die Musik - alle Künste sind nach Schroeter Abfallprodukte der Liebe. Gefühle, Sexualität und Tod bilden die Themen des vertrauten Liederbuchs. Szenen und Gespräche aber vor allem die Musik ergründen Leidenschaften und Ängste.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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