Postman

USA 1997 (Postman) Regie Kevin Costner, mit Kevin Costner, OliviaWilliams, Will Patton, 171 Min.

Post-apokalyptischer Western

Kevin Costner war schon immer altmodisch und patriotisch auf eineharmlose Weise, da dieses Flagge-hoch-halten viel zu angestaubtdaherkam. Jetzt - nach der filmischen Indianerfreundschaft "Der mitdem Wolf tanzt" und dem futuristischen Badeausflug"Waterworld" - hat er esgeschafft, einen Western in die Zukunft zu verlegen.

Der Postman basiert auf einer wunderbaren Idee: Der 3. Weltkrieghat Technik, Kommunikation und Zivilisation in Amerika umJahrhunderte zurückgeworfen. Die USA als Staat gibt es nichtmehr, ein Rückfall in feudale Strukturen fand statt. Was Europabetrifft, in Irland soll die Luft besser werden ... EinEinzelgänger (Kevin Costner) reitet durch verlassene,verwüstete Weiten. Möglichst selten nähert er sicheiner der verstreuten Siedlungen, um sein schauspielerisches Talentund etwas Shakespeare gegen Nahrung zu tauschen. Dabei fangen ihn dieHorden des Generals Bethlehem (Will Patton), dem brutalen Herrscherder Region, die einst den Nordwesten der USA bildete. Nach einigenTagen eines grausamen, faschistischen Militärdrills kann derEinzelgänger fliehen und sich nachts in einem verlassenen Wagenverstecken. Mit der wärmenden Postuniform, die er dort findet,geht er ins die nächste Siedlung und behauptet, er sei derstaatlich vereidigte Postbeamte, die Regierung sei wieder im Amt undder Briefverkehr solle möglichst bald installiert werden.Tatsächlich hat der Postman auch einen Brief für eine alte,blinde Dame. Die rührenden Emotionen überzeugen alle: Esgibt wieder Post und alles wird besser. Aus einer Notlügewächst eine revolutionäre Idee, die sich unaufhörlichausbreitet. Immer mehr jungen Leute wollen Postman werden,organisieren sich und bilden bald eine Widerstandsbewegung nachGuerilla-Art. Mit den Briefen kommt Hoffnung in die von derAußenwelt abgeschnittenen Gemeinschaften.

Kleider machen Leute, diese Erkenntnis aus dem Keller derLiteratur, gemischt mit etwas Köpenick - da liegt der Reizdieses 80 Mio. $ teuren Werbefilms für die staatliche Briefpost.Leider betont die Musik durchgehend die pathetischen undrührseligen Momente und am Ende dreht der Film so ins Pathos ab,daß man nur noch schreien oder sich köstlichamüsieren kann. Costner machte sich selbst zur mythischenRettergestalt, der die Jünglinge blind folgen und für diesich schon früh Mitgefangene opfern. Am Ende gibt es dasunausweichliche Duell zweier Führer, die beide eigentlich nurSchauspieler und Betrüger sind.

Aber die drei Stunden Film bieten auch pralle Panoramaaufnahmen,reizvolle Zukunftsentwürfe sowie immer wieder eine PortionSpannung und Aktion. Der Postman ist auch witzig, nicht nur wenn ermit seinem Pferd Shakespeare-Dialoge nachspielt! Der alte Scherz vomPostman als anonymer Samenspender macht in einer Zeit der Krankheitund Unfruchtbarkeit erneut Sinn. Aus der einfachen Bitte der jungenAbby (Olivia Williams) erwächst ein Paar auf der Flucht und einegroße Portion Romantik. Abby treibt den eher gemütlichenund selbstbezogenen Postman immer wieder an, bis dieser endlich vonder Bewegung überzeugt wird, die er selbst ins Leben rief.

Das Märchen von den freiheitskämpferischen Postboten istein schöner Traum - doch eigentlich unpassend im Zeitalterrasender Kommunikation. Aber ganz subtil hat sich eine utopischeMetapher für das Internet eingeschlichen - Costner weißwahrscheinlich nichts davon: Junge Leute, die mit Kommunikation eineneue Demokratie einführen - das ist das Beste, was manüber's Netz sagen kann.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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