Liberty Hights

USA 1999 (Liberty Hights) Regie Barry Levinson, 124 Min.

Wer immer noch glaubt, dass Filme mit "Inhalt" schwer oder langatmig seien, darf sich mit diesen wunderbaren Jugenderinnerungen Barry Levinsons ("Rain Man") vergnüglich vom Gegenteil überzeugen lassen.

1954 war für Ben (Ben Foster) noch alles jüdisch in Liberty Hights, einem jüdischen Viertel mit jiddischen Fernsehshows. Der Junge aus Baltimore erfährt zwar Grenzen, etwa am Schwimmbad, in das Juden zusammen mit Hunden und Schwarzen nicht dürfen. Aber er steht für eine aufgeklärte, sorglose Jugend. So sorglos, dass Ben zu Halloween als Hitler verkleidet auf die Straße gehen will. Gesellschaftlich dürfen erstmals schwarze Kinder in die Schulen und Ben verguckt sich direkt in die aufregende Sylvia (Rebekah Johnson). Sein älterer Bruder Van (Adrien Brody) verliebt sich in eine große, blonde, reiche "Schickse", eine "Ungläubige". Die ist aber schon mit einem reichen Anwaltssohn liiert.

Quer durch viele Gesellschaftsgruppen erzählt sich Bens Jugendgeschichte. Beim Schreiben seiner Erinnerungen reflektiert er sich im Spiegel und die Erinnerungen Levinsons gewähren uns einen Rückblick abseits von leidigen Klischees anderer Jugendfilme.

Die ist Parallelmontage DAS Gestaltungsprinzip in "Liberty Hights" - vielleicht wegen der unterschiedlichen Lebensweisen, die voneinander abgeschieden nebeneinander herlaufen. Vor aber sind es Bens eingeschränkte Jugendsicht und die Geschäfte des Vaters im Verborgenen, die sich als zwei Perspektiven ergänzen. Denn Vater Nate (Joe Mantegna) betreibt hinter der Fassade eines schlecht besuchten Varietétheaters sein florierendes Wettgeschäft. Bis ihn eine neue Bonusnummer ruiniert. Jetzt muss er einen Zuhälter auszahlen und nach einem James Brown-Konzert eskaliert die Situation.

Zum vierten Male kehrte Barry Levinson ("Good Morning, Vietnam", "Rain Man") mit "Liberty Hights" heim in sein Baltimore: Auch sein mit vielen Star besetztes Kinodebüt "Diner" (1982), die Working Class-Satire "Tin Men" (1987) und die Familiensaga "Avalon" (1990) spielten in der Stadt, die schon Randy Newman klagend besang. "Liberty Hights" ist eine Erinnerung an besser Zeitung, an ein mögliches Zusammenleben von Schwarzen und Weissen, von Juden, Christen und Moslems, ähnlich wie im tunesischen Film "Ein Sommer in Goulette". Als Drohung verweisen keifende Antikommunisten auf McCarthy, dessen Kommunistenhatz auch antisemitische Zwecke verfolgte.

"Liberty Hights" ist ein Meisterwerk mit gutem Schauspiel (unter anderem von Joe Mantegna), stimmungsvoller Musik, einer Geschichte voller Menschen und der exzellenten Kamera von Chris Doyle, die sich nicht nur an den vielen kunstvollen Spiegel-Einsätzen zeigt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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