Heimweg

China 1999, Zhang Yimou, 90 Min.

Zum Beräbnis seines Vaters kehrt der Geschäftsmann Luo Yusheng in das Dorf seiner Eltern heim. In den drei Tagen, die er mit seiner Mutter verbringt, geht die farbige Erinnerung in die Zeit zurück, als seine Mutter ein junges Mädchen war: Der Bau einer neuen Schule beschäftigt das ganze Dorf. Die Frauen bleiben aufgeregt auf Distanz, aber Zhaodi (Zhang Ziyi Luo, eine junge Gong Li) hat sich schon in den jungen Lehrer verliebt. Ihre Schwärmerei aus der Ferne unterstützt sie mit liebevollen Koch- und Webkünsten.
Zhaodis Warten und leises Werben sind eingetaucht in die Farben und Stimmungen der Natur. Als die ersten Blicke und Worte gewechselt sind, ruft man den Lehrer zurück in die Kreisstadt. Er wird im Rahmen der - nicht weiter erwähnten - Kulturrevolution als "rechtes Element" bestraft.

Politik bleibt draußen bei dieser Sicht auf Menschen eines abgelegenen Dorfes. "Heimweg" ist eine ganz einfache Geschichte, sehr elegant erzählt, mit kleinen filmischen "Modernismen", wie den Blicken der Liebenden direkt in die Kamera und den ungewöhnlichen Zeitverläufen. Unglück sind mit Liebe gedämpfte Teigrollen, die aus der zerbrochene Schale rollen und eine verlorene Haarspange. Aber das Geschenk wird wieder gefunden, die Schale läßt die blinde Großmutter Ýmit Metallklammern flicken.

Solch kleine, intensive Momente beleben die Geschichte der ersten aus Liebe geschlossenen und nicht traditionell vermittelten Ehe dieses Dorfes. Als die Rückkehr des Lehrers auch im Winter noch aussteht, versucht Zhaodi schon krank die Kreisstadt zu erreichen. Die Fiebernde fantasiert die Stimme ihres Geliebten und die ganze Dorfbevölkerung leidet mit an diesem Melodram. Nach einem kurzen, unerlaubten Besuch, dauert die Strafe Jahre, bevor der Lehrer wieder den Heimweg begeht.

"Heimweg" ist wie der in "Deutschland im gleichen Monat startende "Not one less" ("Keiner mehr") ein "kleiner", unaufwendiger, von einigen Laien gespielter Film. Der berühmte und mit Filmen wie "Das rote Kornfeld", "Rote Laterne" und "Judou" internationale erfolgreiche Regisseur Zhang Yimou setzt sich damit bewußt von großen, kommerziell kalkulierten Produktionen wie Chen Kaiges "Der Kaiser und sein Attentäter" ab. Yimous in einem Interview geäußerte Begeisterung für iranische Filme kann man ihm angesichts dieses stillen, stimmigen Films glauben.

Die Erzählung des Sohnes über die Liebe seiner Mutter und die alten Zeiten kehrt schwarz-weiß wieder zum bewegenden Begräbnis des Lehrers zurück. In Begleitung vieler Schülern macht er noch einmal den Weg ins Dorf, dorthin, wo eine neue Schule errichtet werden soll. Noch einmal erinnert die Mutter ihren Sohn an den Wunsch des Vaters, er solle sein Erbe antreten und die Schule übernehmen. Am Ende hört man wieder eine Stimme aus der Schule, Die gleichen Texte wie seit vierzig Jahren werden von den Schülern nachgesprochen. Der Sohn findet seinen Platz.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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