Good bye, Lenin

BRD 2003 (Good bye, Lenin) Regie Wolfgang Becker, 119 Min.

Die Wiedervereinigung leugnen und zum Besseren wenden - das überlässt Wolfgang Becker ("Das Leben ist eine Baustelle") nicht den Ostalgikern. "Good bye, Lenin" zeigt als Komödie, weshalb die guten Seiten des Ostens noch ein paar Monate länger überleben durften.

Einst hatten sie Datsche, gehörten zu den Begünstigten der DDR. Als der erste Deutsche - ein DDR-Bürger - ins All flog, ging es mit der Familie Kerner bergab. Der Vater beging Republikflucht, blieb nach Dienstreise im Westen. Mutters Gesundheit brach zusammen. Als die republik-treue Kämpferin für bessere Frauenbekleidung sieht, wie ihr Sohn bei einer Montagsdemonstration brutal zusammengeschlagen wird, gibt ihr das den Rest - sie fällt in ein Koma.

Acht Monate später schlägt sie die Augen auf, darf sich aber auf keinen Fall aufregen, weshalb ihr die Kinder die nicht geringen Umwälzungen der Wende verheimlichen. Damit geht die Komödie nach umständlichen Start los, denn leider braucht der Film fast vierzig Minuten, bis er mit diesem Clou rausrückt. Da bereiten ökonomischere Werke schon ihr Finale vor.

Aber ab jetzt ist es erstmal spaßig, mitzuerleben, wie Sohn Alex (Daniel Brühl) verzweifelt Speewald-Gurken sucht und aufgrund des totalen Siegeszuges der Westmarken reihenweise Gläser und Verpackungen umfüllt. Denn Mama liegt zuhause in einem aufwändig restaurierten Zimmer mit Ostblick, sieht aufgezeichnete Sendungen der Aktuellen Kamera ("das war doch sowieso immer das Gleiche") und bekommt zunehmend Besuch von Ostalgikern aus der Plattensiedlung.

Überraschende Einbrüche der Realität werden mit nachgestellten Nachrichten erklärt, so hat Coca Cola angeblich das originäre Patent eines Getränkekombinats anerkennen müssen, die vielen Westautos stammen von Flüchtlingen, die Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Kälte in die DDR "rüber gemacht" haben.

Doch die Ost-Truman Show wird zunehmend bitter, die Farce der Ost-Fassade der Familie Kerner lässt kein vernünftiges Leben mehr zu. Das bemängelt auch Lara, die russische Freundin von Alex, die sich angewidert davon abwendet, dass aus der Notlüge eine Obsession wird.

Nach seinem ersten Festivalerfolg "Kinderspiele" und der überschätzten Kinoreferenz "Das Leben ist eine Baustelle" engagierte sich Wolfgang Becker in der mutigen und dynamischen Berliner Produktionsfirma X-Filme. Wie auf der "Baustelle" West passt auch in dieser Plattenbau-Konstruktion "Good Bye. Lenin" einiges nicht zueinander: Szenen fallen auseinander, andere sind zu lang geraten. In einem der wenigen großen Momente des Films entschwebt Lenin in die Vergessenheit.

Das spöttisches Off des jungen Helden Alex erzählt auf sehr erheiternde Weise, etwa vom "überdimensionierten Schützenverein" der zur Feier von 40 Jahren DDR vorüber schreitet. Doch der Spaß wird bitter, die Komödie bekommt Tiefgang, als die Begegnung mit dem Vater alle zwingt, die Realitäten anzuerkennen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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