Ein ganz gewöhnlicher Dieb

Irland 1999 (Ordinary Decent Criminal) Regie Thaddeus O'Sullivan, 93 Min.

Der deutsche Filmverleih beweist kurz nach der Oscar-Verleihung mit einen neuen Kevin Spacey-Film gutes Timing. Spaceys Figur Michael Lynch ist in Dublin als frecher Dieb längst ein Volksheld. Michael lebt und liebt unangepasst mit Frau UND Schwägerin. Die Polizei narrt er immer wieder mit Vergnügen und auch um die wütende IRA macht sich der Querkopf keine Gedanken.

Bei einem - selbstverständlich erfolgreichen - Kunstraub sieht sich der vermessene Meisterdieb in Caravaggios "Gefangennahme Christi" als verratener Jesus im Moment des Judas-Kusses. Michael ist ein Medienstar, der seinen Ruhm genießt und dadurch das Vertrauen seiner "Gang" verliert. Vor allem sein kritischer Kumpel Stevie (Peter Mullan) nimmt immer mehr Abstand.

Das heitere Räuber- und Gendarm-Spiel mit bedenklichen Momenten ist hauptsächlich das Duell zweier Männer - Meisterdieb Lynch gegen den Polizisten Noel Quingley (Stephen Dillan) - mit den Frauen (Linda Fiorentino, Helen Baxendale) als Deko. (Und deutschen Gastauftritten von Herbert Knaup als Kriminalist und Christoph Walz als niederländischer Kunstexperte.) Michael / Spacey gewinnt sofort durch sein vieldeutiges Lächeln - der Film kann diesen Bonus jedoch nicht auswerten.

John Boormans verfilmte genau diesen Stoff kürzlich unter dem Titel "Der General" und zeigte nahezu die gleichen Gaunereien, Tricks und Episoden aus der Biografie des realen Gangsters. Auch die Kombination von Familienvater und Folterer im Gegenschnitt findet sich zur Charakterisierung einer ambivalenten Figur wieder. Diese neue Variante des lustigen Gaunerlebens zeigt allerdings weniger Hintergrund des Bürgerkriegs. Die wilden Zeiten in der Wohnsiedlung, die Michael zum Helden machten, tauchen nur in einer kurzen Rückblende auf.

Während man bei Boorman die kühle Distanz des Schwarzweißfilms zu "General" beklagte, ist der "gewöhnliche Dieb" eingängiger, aber auch eindimensionaler.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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