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Der General

Irland/GB 1998 (The General) Regie, Buch und Produktion: John Boorman, 123 Min.

Schon als Junge war Martin Cahill (Brendan Glesson) beim Mundraub für die Familie aktiv. Schnell wächst er zum Helden der Dubliner Siedlung Hollyfield heran. Als man ihn mit vier Kindern aus der Wohnung werfen will, bleibt er als Letzter und kämpft um sein Recht. Seine Diebeszüge machen ihn zum Wohltäter der Gegend. Irgendwann ergaunert Cahill sich ein Gratishaus, indem er die bar eingezahlte Kaufsumme direkt wieder klauen läßt, während er auf dem Polizeirevier ein Schwätzchen hält - fürs Alibi. "Der General", wie er bald genannt wird, ist ein Einzelgänger, der sich mit der britischen Polizei anlegt, sich aber auch nicht von der IRA vereinnahmen läßt.

Doch der irische Dieb und Volksheld (der auch erklärt, weshalb man im besetzten Irland Dieb sein muß) wird immer mehr zu einer zwiespältigen Gestalt. Der Eigenwille gewinnt Überhand, die gerechte Sache ist nicht mehr zu erkennen. Cahill ist irgendwie ein netter Kerl, dann wieder ein äußerst brutaler Gangster, der an einem drogenabhängigen Goldschmuggler ein blutiges Exempel statuiert.

Das Leben dieses zwiespältigen Helden bietet eine Story, die Martin Scorsese als kraftvolles Epos inszeniert hätte, doch: "We're not fucking Italiens!" Nein, es sind Iren, keine Italiener und es ist ein Film von John Boorman. Deshalb bleibt "Der General" in der Schwebe. Ein Urteil über Cahill läßt sich ebensowenig leicht fällen wie der Film einfache Begeisterung hervorruft. Humorvoll, dabei aber nicht oberflächlich, mit eleganten Zeitüberblendungen, in Schwarzweiß und CinemaScope unauffällig exzellent inszeniert, erzählt John Boorman diese Geschichte aus Irland mit gewisser Distanz. Doch "Der General" unterhält mit vielen humorvollen Szenen und einer tiefen Traurigkeit darüber, daß solche Helden sich selber aus der Gesellschaft und dem Leben katapultieren. John Boorman, dieser faszinierend eigenwillige Regisseur, der selber 25 Jahre in Irland lebte, sieht die Figur von Cahill als "keltischen Stammeshäuptling", der sich hinter einer "Maskerade" gegen Autorität und Unrecht wehrt.

Boorman tat mit der Wahl von Brendan Glesson als Hauptdarsteller einen Glücksgriff, nicht nur weil dieser dem historischen General äußerlich und in der Sprache ähnelt. Das weitgehend unbekannte Gesicht nimmt all die Schattierungen der Figur auf. Einen trefflichen Gegenpart spielt John Voight als Beamter des Staates, der ihn stets mit einer Mischung aus Haß und Hochachtung verfolgt. John Boorman, dessen vielfältiges Oeuvre (von "Zeit der bunten Vögel" bis "Rangoon") nach ein paar schwachen Filmen mit dem "General" wieder einen neuen Glanzpunkt erhielt, wurde in Cannes 1998 mit dem Regiepreis geehrt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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