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Filmloses Kino
Cannes 1999 diskutiert die Zukunft

Das beherrschende Thema bei den 52.Internationalen Filmfestspielen in Cannes ist nicht Liebe oder Krieg, Gewalt oder Haß - es ist die Zukunft des Kinos. In fünf bis zehn Jahren wird kein Streifen Film mehr durch den Projektor laufen, weil ein Satellit alle Daten digital übertragen hat.

In vielen Diskussionsforen und Vorführungen wurde skizziert, wie der Film demnächst auf die Leinwand kommt. Die Premiere der Zukunft stellte der Film "Last Broadcast" dar: Mit lächerlich wenig Geld und einer digitalen Amateurvideokamera produziert und am Heimcomputer geschnitten, mußte das Werk zweier junger Amerikaner noch auf günstige Weise zum Publikum gebracht werden. Da jede Filmkopie schon ohne Lagerung und Transport mehrere tausend Dollar kostet, erwies sich der Weg des bereits digitalen Produkts über Satellitenausstrahlung und digitale Projektion im Kino als günstiger. Schlüssel zur neuen Technik waren einerseits die Kompression der riesigen Datenmengen sowie neue Projektoren. Statt LCD in den bekannten Videoprojektoren erzeugen nun Computerchips mit mehreren zehntausend winzigen Spiegeln das Bild. In einer Qualität und Lichtstärke, die alle verblüfft und ganz nahe an den 35mm-Film herankommt.

Noch kosten diese Wunderdinger 150.000 Dollar und nur eine kleine Elite von Filmfirmen leistet sie sich. Aber George Lucas, als Prophet des digitalen Films einer von ihnen, wird ab Juni zwei Kinos in New York und Los Angeles mit einer digitalen Version des neuen Star Wars-Films "Phantom Menace" bespielen. Für die Fortsetzung, die in zwei Jahren laufen soll, stellt Sony zur Zeit eine neue Hochleistungs-Kamera her, deren digitale Bilder besser als die herkömmlichen photochemischen Filme sein sollen. In Cannes waren im letzten Jahr mit "Das Fest" und "Idioten" schon zwei digital aufgenommene Filme im Wettbewerb. 1999 liefen neben "Last Broadcast", der nun auf Europatournee geht, weitere filmlose Filme. Selbst der 77-jährige Eric Rohmer übte in seinem Kurzfilm "La Cambure" die Technik der Zukunft ein. Und Jean -Marc Barr, bekannter Schauspieler aus "Big Blue - Im Rausch der Tiefe", nutzte die günstigen, unkomplizierten Produktionsmöglichkeiten digitaler Kameras für seinen ersten Spielfilm "Lovers".

Zwischen aller Begeisterung fragte Joost Bert von der belgischen Kinepolis Gruppe nach den Kosten und Folgen vor allem für kleinere Kinoketten, die europäische und unabhängige Produktionen spielen. Und auch wenn Kameramänner betonen, daß es sowohl beim Film als auch beim digitalem Video immer nur auf die jeweilige Sorgfalt ankommt, warten wir noch auf den ganz großen Film aus einer ganz kleinen Kamera.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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