Politische Berlinale.

 

Berlin. Zum Wochenanfang gab sich der Wettbewerb der 51.Berlinale politisch: Spike Lees schwarze Satire "Bamboozled" griff rassistische Stereotype in den Medien an. Der süd-koreanische Supererfolg "J.S.A. - [Joint Security Area]" schoß seine eigene Utopie einer menschlichen Wiedervereinigung über den Haufen.

Spike Lee-Filme kann man mögen oder hassen - für das seltene politische Engagement, für das kämpferische Herz und den scharfen, wachen Verstand, muss man ihm im Kino dankbar sein. Sein neuer Antiheld in "Bamboozled" ist der schwarze TV-Produzent Pierre Delacroix. In der Senderflaute kommt er mit einer neuen Idee, die komplett aus alten Hüten gezaubert ist. Weil sein Vorgesetzter, ein weißer Vize-Irgendwas mit starkem Hang zur positiven Diskriminierung, nicht mehr die üblichen Geschichten will, werden die neuen Star auf eine Sklavenfarm versetzt, müssen sich die schwarzen Gesichter schwärzen und albern hampeln oder dumm reden. Der ganze Klischee-Unsinn wird ein Erfolg, was alle, die noch etwas Anstand und Verstand haben zum Wahnsinn treibt - mit tragischen Folgen.

Der auf digitalem Video gedrehte "Bamboozled" geriet zu lang und kann nicht durchgehend fesseln. Wenn im Abspann aber eine lange Montage von Neger-Stereotypen aus amerikanischen Filmen abläuft, hat jeder verstanden, was Spike Lee wollte. Und ist mit ein wenig Unterhaltung und vielen bitteren Scherzen ein ganzes Stück wacher geworden. Nach einem langen Applaus im vollen Berlinale-Palast brauchte der engagierte und in den USA oft angefeindete Regisseur nicht mehr viel zu erklären.

Vor allem gut gemeint ist der süd-koreanische Wettbewerbsbeitrag " J.S.A. - [Joint Security Area]" - und damit ein typisches Beispiel der endenden und an Filmkunst nicht gerade reichen Ära des Wettbewerb-Leiters Moritz de Hadeln. Regisseur Park Chan-Wook läßt eine junge Exil-Koreanerin einen Zwischenfall an der inner-koreanischen Grenze aufklären, bei dem zwei nordkoreanische Soldaten starben. Wo die übliche Entführung vermutet wird, stellt sie der Vorfall letztlich als ganz private Verbrüderung von vier Soldaten heraus, zwei aus dem Süden, zwei aus dem Norden. Als die netten, nächtlichen Treffen auffliegen, kommt es zur Schießerei, ein Krieg droht und die ersten Bande der politischen Gegner zerreißen tragisch.

Der erfolgreichste Film in Korea überhaupt hat einerseits die Kriegsdrohung als Hintergrund und zeichnet gleichzeitig vielfache Formen kleiner, streng verbotener Annäherungen auf. Ein typischer Film für auftauende Beziehungen nach kalten Kriegen. Das trifft sicherlich die Seele des geteilten Korea, hat aber künstlerisch allenfalls die Qualität eines besseren Fernsehfilms. Womit das Ganze dann auf ein Festival der guten Absichten gehört und den Platz der Filmkunst räumen sollte, Herr de Hadeln! Die es in Korea übrigens reichlich gibt. Aber interessant war es trotzdem.


Berichte und Kritiken von der Berlinale 2001 von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers

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