Mittelmäßiger Wettbewerb mit klaren Favoriten

Gewinnt Emma Thompson mit "Wit" den Goldenen Bären?

Obwohl die Berlinale an ihren letzten Tagen oft noch mit Überraschungen aufwartete, läßt sich bereits jetzt ein Resume des Wettbewerb der 51. Filmfestspiele ziehen. Auch im letzten von Moritz de Hadeln verantworteten Wettbewerb herrscht wieder der oft kritisierte Magermix vor: Wenige Highlights, ein paar Prommis und zu viele Filme, die nur "ganz nett" oder ein fauler Kompromiß waren.

Kunstgewerbliches von den Routiniers Philip Kaufman ("Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins"), der sich in "Quills" über Marquis de Sade hermachte, und Lasse Hallström, der in "Chocolat" mit Juliette Binoche und Johnny Depp eine simple Fabel ausdekorierte, waren symptomatisch für magere Mittelmäßigkeit.

Die alte Aufrechnerei, wie viele Filme aus Europa, den USA, Asien und Afrika dabei sind, macht in Zeiten komplexer Koproduktionen keinen Sinn mehr. Trotzdem werden wir wieder irgendwo lesen: Der Bär geht nach ... Den Nationaladler abgeschossen hat der Kollege einer Berliner Zeitung. Er vermißte einen "genuin deutschen Film" im Wettbewerb. Zum Glück hat fast jede Publikation hämisch zurück geschossen. Eine mit dem Hinweis, es gäbe da einen Streifen namens Tesa-Film, der sei wohl rein deutsch.

"Hannibal" sorgte mit Anthony Hopkins für das größte Aufsehen und die meisten Artikel, doch er lief "außer Konkurrenz". Angesichts der wenigen Qualitäten eine sinnvolle Entscheidung. Während die Kriegstreibereien des Eröffnungsfilms "Stalingrad 2" - oder hieß er doch "Duell" - und des Kalten Krieg-Relikts "Thirteen Days" beinahe vergessen und schon deshalb außer Konkurrenz sind, gab es zwei allgemeine Favoriten: Der völlig ungewöhnlichen Krankengeschichte "Wit" (Regie Mike Nichols) könnte man zwei Bären verleihen. Einen an Emma Thompson, die als Krebspatientin ihren Leidensweg pointiert erzählt. Und einen an den Film an sich, der alle Bären, Palmen, Oscars und viel Aufmerksamkeit verdient. Nur das Berliner Reglement zwingt die Jury, sich auf einen Preis pro Film zu einigen. Da könnte Soderberghs kluger und starreicher Drogenfilm "Traffic" die Lücke zum Gold nutzen, weil man Emma Thompson den Bären kaum versagen darf. Der gute Wille von Spike Lees Rassimus- und Mediensatire "Bamboozled" sowie vom süd-koreanischen Friedensfilm "Joint Security Area" bekommt bestimmt auch etwas Preisglanz ab. Aber die Juries sind unergründlich und unberechenbar wie die Urteile der alten Götter. Deshalb warten wir bis Sonntag, wenn de Hadeln zum letzten Male in seinem einzigartigen "Deutsch-Anglish" verkündet: Und die Sieger ist ...


Berichte und Kritiken von der Berlinale 2001 von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers

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