Berlinale 2005

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 55. internationalen Filmfestspiele in Berlin
10. - 20. Februar 2005

Ab heute Abend ist filmisch wieder für zehn Tage der Bär los, die 55. Berlinale (10. - 20.2.) startet am Potsdamer Platz mit dem französischen Eröffnungsfilm "Man to Man". Und statt der komplizierten Einordnung "neben Cannes und Venedig eines der wichtigsten Festivals der Welt" hört man eine neue, typisch deutsche Einschätzung: "Das größte Festival der Welt", denn nirgendwo sollen mehr Filme zu sehen sein. Über 350 ringen in verschiedenen Sektionen um die Aufmerksamkeit. Im Wettbewerb für die Fans von Hitparaden sowie Gold und Silber erhalten 26 Filme in und außer Konkurrenz die größte Beachtung.

Dabei kramt die Presse wieder die Standard-Beurteilung raus: Entweder zu viele US-Filme oder zu wenig Hollywoodstars. Dieses Jahr schießt man sich auf Dauerbrenner zwei ein. Festivalchef Dieter Kosslick geht mit dem unlösbaren Kritik-Dilemma locker um und verweist einfach auf gute Filme. Dabei hat er grandiose Highlights auch für das Mainstream-Kino. Wes Anderson amüsiert mit seiner Jacques Cousteau-Parodie "The Life Aquatic with Steve Zissou" und fährt in Sachen Stars gleich Bill Murray, Cate Blanchet und Anjelica Huston auf. Kevin Spaceys Hymne auf den Entertainer Bobby Darin, "Beyond the Sea", begeisterte Kritiker und Kinogänger in den USA. Wobei Spacey gleich Regie führte, Bobby Darin spielte und auch dessen Songs selbst einsang! Am Ende des Festival kommt Will Smith als Date-Doktor "Hitch" vorbei und auch Liam Neeson schaut nach dem Rechten: Er spielt den Sexualforscher "Kinsey", der 1948 die US-Sexualwissenschaft begründete. Der "Kinsey"-Regisseur heißt auch noch Bill Condon! Da wird so mancher Kollege den Freudschen Vertipper "Condom" hinlegen.

Nach den Erfolgen bei Berlinale und dem Europäischen Filmpreis von "Gegen die Wand" sowie guten Zahlen an den Kinokassen erfreut sich der deutsche Film besonderer Aufmerksamkeit. Gleich drei Filme aus deutschen Landen laufen im Wettbewerb: "Gespenster" handelt von einer Frau, die nach Jahren ihre entführte Tochter wieder zu sehen glaubt. "Sophie Scholl" zeigt die letzten sechs Tage der hingerichteten Widerstandskämpferin. Und "One Day in Europe" verbindet in vier Episoden den Versuch von Menschen, sich in einer fremden Stadt zurecht zu finden.

Dass der Erfolg nicht schnell wie die Eintagsfliege verschwinden wird, lassen andere Zeichen einer gesunden Filmwirtschaftsstruktur erhoffen: Nicht nur Christian Petzholds "Gespenster" wurde in Berlin gedreht, auch internationale Berlinale-Teilnehmer entstanden mit Hilfe heimischer Infrastrukturen. "Beyond the Sea", glänzt mit strahlenden Tanzszenen zwischen italienischen Brunnen, die im Potsdamer Park Sanssouci gedreht wurden. Der Himmel über Berlin meint es gut mit dem (deutschen) Film, das zeigten schon "Lola rennt", "Die Bourne Verschwörung", "Herr Lehmann" oder "Vom Suchen und Finden der Liebe".