Berlinale 2002

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 52. internationalen Filmfestspiele in Berlin
8. - 17. Februar 2002

Dieter's Berlinale

Die Filme der 52.Berlinale sind fast alle gelaufen, jedes zweite Gesprächversucht zur Zeit, Bären-Sieger zu tippen. Doch der große Siegerdieser Berlinale, der eigentlich Star, der in jedem Gespräch vorkommt,ist der neue Festivaldirektor Dieter Kosslick.

Kosslick hat mit seiner engagierten und lockeren Art vor allem Sympathiengewonnen. Sehr schön zeigt dies eine tägliche Kolumne mit "Dieterisms"in der Festivaluzeitung: Das Englisch des Vorgängers Moritz de Hadelnwar jedem in Hörweite peinlich. Dieters "th" klingen noch kläglicher,aber sein "Dieterspeak" wird Gegenstand freundlicher Scherze. Auch wenn Kosslickund Armin Mueller-Stahl sich im klassischen Deutsch-Englisch überbieten,Dieter einem amüsieren Costa-Gavras einen Ehren-Bären aufbindenwill und beim …ffnen der Geschenkverpackung merkt, dass es doch eine goldenerBerlinale-Schriftzug ist, "der ja eigentlich viel besser zu verkaufen sei",nimmt ihm das keiner übel.

Wo früher Beklommenheit herrschte, ist nun ein Stimmungsmacher aus NRWeingezogen. Mehr könne er jetzt auch nicht mehr tun, bekennt Kosslickim Gespräch: Die Gelder sind alle aufgebraucht, er kann sich nur nochum die Atmosphäre kümmern. Dies geschieht mit Spontaneität,Humor und dem richtigen Riecher. Früher nahmen die Ehrengäste imBerlinale-Palast weitgehend unbemerkt ihre Plätze ein. Bei den erstenVorstellungen rief Kosslick noch höchstpersönlich und ohne Mikrophondie Regisseure und Schauspieler aus, wenn sie den Saal betraten. Mittlerweileist auch diese nette, kleine Neuerung etabliert: Es gibt eine anständigeAnkündigung und angemessenen Applaus für die Gäste.
über die meist jungen Schauspieler, die auf der Bühne die Filmeankündigen, ist man geteilter Meinung, bei einigen überzeugt diePersönlichkeit, bei anderen ist der Bezug passend, wenn etwa Nina Hagenden BAP-Film vorstellt, der mit den Bildern ihres Vaters Wolf Biermann beginnt.Ob ein sehr bauchfreies Top allerdings zum Holocaust-Film "Amen - Der Stellvertreter"paßt, wurde weitgehend bezweifelt.

Als Kosslick sich durch die Menschenmassen bei den "Perspektiven des deutschenFilms" drängte, weil er im Nebensaal einen Film vorgestellt hatte, verkündeteer spontan, "diese Reihe kriegt nächstes Jahr ein richtig großesKino!"
Dass der Wettbewerb so gut war wie seit Jahrzehnten nicht mehr, dass ausländischeFachleute erfreut berichten, Dieter und seine Berlinale-Scouts seien im Vorfeldso oft bei ihnen gewesen und hätten sich interessante Filme angesehen,wird fast zur Nebensache bei der allgemeinen Dieter-Begeisterung. Vielleichtsollte das Festival T-Shirt von ihm verkaufen.
Hoffentlich konnte er auch die Berliner Regierung mit ihren knappen Kassenbegeistern, aber mit Funktionären und Geldgebern konnte Kosslick schonals Chef der Filmstiftung NRW hervorragend umgehen.