Berlinale 2002

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 52. internationalen Filmfestspiele in Berlin
8. - 17. Februar 2002

Chaos

Lachen bis der Arzt kommt

Colin Serreau lacht über Männer und leidet mit Frauen

Sie machte das Original zu "Drei Männer und ein Baby", amüsierte und bewegte mit der Sozial- und Liebes-Melange "Milch und Schokolade". Der neue Film der Französin Coline Serreau gehört zu den Highlights der durchmischten Berlinale-Reihe Panorama.

Ganz schnell geht es in die Geschichte von "Chaos": Dem gehetzten Ehepaar kommt in den Straßen von Paris eine Frau in Panik entgegen, verfolgt von drei Männern. Paul verschließt schnell die Wagentüren und kümmert sich nachher mit Taschentüchern um ... die Blutflecken auf dem Auto! Dafür steigt Helene aus der Ehe und dem schrecklich albern selbst zentrierten Leben aus, setzt sich ans Bett der komatösen Frau. Während die Männlein zuhause wahnsinnig werden, gerät Helene in eine ganz andere, schreckliche und lebensgefährliche Geschichte.Die Komödie wird zum erschreckenden Kampf der Prostituierten Malikaum ein selbst bestimmtes Leben. Seit sie vor dem Vater floh, der sie zurHeirat verkaufte, zwangen Zuhälter sie mit Gewalt und Drogen auf denStrich. Aber Malika ist klüger als die Schläger und auch, wennes Jahre dauert, sie holt sich ein Leben zurück ...

Serrault gelang mit der Komödie, dem Krimi und der Gesellschafts-Satire ein erstaunliches Kunststück, flott angerichtet mit der jazzigen Musik von St.Germaine. Mit umwerfenden Humor lockt sie an und leitet dann ohneBrüche zu einer engagierten und knallharten Anklage über. Die reichenwestlichen Machos kriegen ebenso ihr Fett ab wie die verlogenen Araber. AmEnde genießen vier Frauen den Sonnenuntergang im eigenen Haus an einemSchweizer See.

Schade nur, dass dies alles in minderwertigen Videoaufnahmen zu sehen war - ein bedauernswerter Trend dieser Berlinale. Früher fragten Flugzettel auf der Berlinale "Haben Sie schon einen Film einer Frau gesehen?" Habenwir, mit Vergnügen. Aber wer fragt jetzt in den Zeiten populärenVideodrehens, ob wir auch mal einen Film auf Film gesehen haben.