Erin Brockovich - Eine wahre Geschichte

USA 2000 (Erin Brockovich) Regie Steven Soderbergh, 137 Min

Das ist etwas Besonderes: Erin Brockovich / Julia Roberts tritt als unbeherrschte Nervensäge auf. Ohne Ausbildung und Zeugnisse, mit Erfahrungen "nur" als Mutter bekommt sie keinen Job. Die ehemalige Miss Wichita ist am Boden, ohne Selbstbewußtsein und Kraft. Im Jammertal der Arbeitslosigkeit trifft sie auch noch ein Autounfall. Der Anwalt Ed Masry (Albert Finney), der für sie vergebens auf Schadensersatz klagt, läßt sich als Entschädigung einen Job abringen. Ein Job, in dem Erin ihre Bestimmung findet: Aus einem "Immobilienfall", der als Papierberg auf ihrem Schreibtisch landet, gräbt sie die Schicksale der kleinen Gemeinde Hinkley aus.

Ein Industriewerk vergiftet seit Jahrzehnten die ahnungslosen Anwohner mit Chromrückständen im Grundwasser. Erin deckt bei ihrer Recherche mit weiblichen Reizen ("Wozu hab ich Titten?") das Ausmaß des Verbrechens auf, macht öffentlich, dass jeder Tropfen Wasser eine von hundert schrecklichen Krankheiten auslösen kann, die Kinder und Erwachsene dahinraffen. Die impulsiv ignorante Frau wird zur Rächerin der Gerechten. Eine Karriere, die allerdings auf Kosten ihrer Kinder und des Friedens zuhause geht.

Einer dieser typischen amerikanischen Gerichts- und Gerechtigkeitsfilme ("Regenmacher", "Zivilprozeß"). Allerdings einer mit gemäßigter Rührung, besonderem Kassenerfolg und mit Julia Roberts. Sie spielt dabei eine richtige und richtig gute Rolle, ist mehr Mensch als Star. Das paßt zum glamourlosen Alltags-Styling des Films, zum Anspruch, eine Geschichte von Menschen zu erzählen.

"Erin Brockovich" ist erkennbar eine Auftragsarbeit mit einem ganz speziellem Touch. Dahinter steht der angesehene Regisseur Steven Soderbergh. Nach seinem ersten großen Erfolg in Cannes 1989 mit "Sex. Lügen und Video", dem bemerkenswerten "Kafka" und dem emotionalen "König der Murmelspieler" liefen bei uns zuletzt die exzellenten Thriller "Out of Sight" und "The Limey". Und zwischendurch leistete er sich auch ganz eigenwillige Filme abseits vom Vermarktungszwang ("Schizopolis", 1996). Bis letztes Jahr konnte man noch sagen, Soderbergh wird von Film zu Film besser.

Soderberghs Handschrift bei "Erin Brockovich" ist erkennbar am flotten, sparsamen Schnitt (Anne V. Coates). So schnell und treffend erzählen wenige, deshalb darf man auch auf eine solche Auftragsarbeit neugierig sein. Ein Hollywood-Produkt ist dabei selbstverständlich nicht sozial engagiert wie etwa die Filme des Briten Ken Loach ("Riff-Raff", "Raining Stones", "My Name is Joe"). Aber dafür gibt es ja Julia als Erin: Schlagfertig und eigenwillig setzt sie sich über biedere Kleiderordnungen hinweg, Ýträgt weiter ihre knappen Tops, die engen Röcke. Es ist immer wieder toll, wie sie snobistischen Eliteanwälten über den Mund fährt - und auch noch Recht hat. Dass der deutsche Verleih den Film ernsthaft "Julia Roberts ist Erin Brockovich" nennt, ist lächerlich, doch der Film gehört trotzdem zu den besseren seines Genres.

http://www.erin-der-film.de


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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