Encore - Immer wieder die Frauen ...

Fr 1996 (Encore) Regie und Buch Pascale Bonitzer, 96 Min.

Im Gegensatz zu Hard-Core ist "Encore" französisch undkönnte bösartig mit "Noch mehr Gerede!?!" übersetztwerden. Pascale Bonitzer kritisierte zuerst für die respektierteFilmzeitschrift "Cahiers du Cinema" die französische NouvelleVague. Dann schrieb er Drehbücher mit einigen der wichtigstenFilmautoren Frankreichs. Mit André Téchiné "DieSchwestern Bronte" (1977), "Schauplatz des Verbrechens" (1986), "DieUnschuldigen" (1988) und"Meine liebsteJahreszeit" (1993). Mit Jacques Rivette "Theater der Liebe"(1983), "Sturmhöhe" (1984, eben nach dem Roman einerBronte-Schwester), "Die Viererbande" (1987), "Die schöneQuerulantin" (1991),"Johanna - DieJungfrau" (1994) und "Vorsicht zerbrechlich" (1995).

Es finden sich in dieser eindrucksvollen Filmographie einigemeiner liebsten Filme und viele bemerkenswerte Werke. DerRegieerstling von Bonitzer stand also einigen Erwartungengegenüber.

Und schon in den ersten Sätzen zeigen sich Brillanz undWortwitz: Es geht um die richtige Ernährung, die wahre Lebensartund um einen Abschied. Florence wird nicht mehr längerpromovierende Studentin des Philosophieprofessors Abel Vichac sein.Am Nebentisch lauscht eine junge Dame, die sich im spielerischenFlirt, nachdrücklich zurückhaltend, als Nachfolgerinanbietet.

Es dreht sich auch alles um 4 Teilchen vom Bäcker nebenan.Zwei Zitronen-Teilchen und zwei Himbeer-Teilchen. Der FreundCatherines, der Teilchenphysiker Bruno, bringt sie beim ersten Datevon Christine und Abel vorbei. Abel gewinnt eine Wette darüber,welches Stück der nicht eingeweihte Bruno wählen wird. NachMeinung des Professors gibt es zwei Menschenarten. Die einenwählen ihr Lieblingsstück, der Rest erlaubt den anderen dieWahl - und bekommt meist das Zitronenteilchen, das er gar nichtwollte.

Abel ist ein lässig gekleideter, kleiner Mann mit wildenHaaren und schmalem, eingezogenen Mund. Sehr zielstrebig flirtet erdurchgehend Frauen hinterher. Zu Hause wartet die eifersüchtige,vernachlässigte Aliette (Valéria Bruni Tedeschi) auf ihn.Sie landete nach einigen Jahren Beziehung auf den PositionenSekretärin und Köchin. Selbst bei der Party einerKonkurrentin kommt sie in die Küche. Der Begriff "Ersatz" (auchim Französischen deutsch gebraucht) bringt Abel um den Schlaf,trotzdem meidet er die Treffen mit dem gesetzteren Bruder undMediziner Thomas.

Während eines Urlaubs am Meer kulminiert Abels ziellosesFlirten in einer extremen Situation. Während dieNichtschwimmerin Aliette aus den Dünen zusieht, baden Abel undAurora nackt im Meer. Die desinteressierte Aurora ist pikanterweisedie Freundin von Catherine.

Kluge Ideen, humorige Ansichten über Liebe und Leben werdenin lockeren Gesprächen entwickelt. Die wenigen Wohnungen undSpielorte gliedern die Handlung klar. Die Menschen und ihreRäume werden u.a. über simple Geräuschkulissencharakterisiert. Aliette spielt Klavier und hört nervigeGeigenübungen. Bei Catherine hingegen erklingt aus derNachbarschaft angenehme Musik.

Das ist insgesamt nur halbwegs unterhaltsam, denn es fehlt dieinszenatorische Eleganz eines Téchiné, mit seinenwunderbaren, zu Herzen gehende Bildern. Bonitzer (im Film alsObdachloser zu sehen) zeigt seine Handschrift auch in "Encore" -für einen klugen, bewegenden Film reicht diese Autorenschaftnicht aus.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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