Domino
USA 2005 (Domino) Regie: Tony Scott mit Keira Knightley, Mickey Rourke, Edgar Ramirez 128 Min. FSK ab 16
Nun hat der mittlerweile über sechzigjährige Tony Scott mehr als 20 Spielfilme gedreht, darunter Hits wie "Top Gun" oder "True Romance", und mit seinem Bruder Ridley ("Alien") auch erfolgreich produziert. Trotzdem hängt man ihm immer noch den Werbefilmer an. Auch bei dieser unglaublichen "wahren" Geschichte einer Kopfgeldjägerin dominiert der überbordende Stil die gar nicht so schlechte Story.
Keira Knightley, das ist das nette, höchstens spitzzüngige Mädchen aus "Stolz und Vorurteil", die geschickte Edeldame aus den "Piraten der Karibik", der Teenager aus "Kick it like Beckham". Und jetzt Killerin? Es gehört zum Reiz der Figur Domino (Keira Knightley), dass die gut aussehende, junge, blonde Frau einem ohne echten Grund mal schnell die Nase bricht. Aggressiv, jähzornig, brutal, unangepasst - genügend Qualitäten, um öfters von der Schule zu fliegen und auch die Model-Karriere flott zu schmeißen. Diese "kleine, süße Ding" entscheidet sich für den Werdegang einer Kopfgeldjägerin, "um etwas Spaß zu haben". Schon als Kind spielte sie mit Waffen rum, doch sie hat noch andere Qualitäten: Ihren ersten Job erledigt sie mit Hilfe eines Lapdance, eines kleinen Strips. Das war eine Art Aufnahmeprüfung im Team von Ed Moseby (Mickey Rourke), wie seine rechte Hand Choco (Edgar Ramirez) ziemlich durchgeknallt, aber nicht halb so gefährlich wie Domino. Die wird direkt "Kopfgeldjägerin des Jahres", eine Auszeichnung, die unter lauter schrägen Gestalten wohl durchaus ernst gemeint ist.
Man könnte sich á la Tarantino eigentlich mit den bescheuerten, brutalen, aber cool gefilmten Gewalttaten dieses Teams begnügen. Aber es gibt noch eine Handlung, und die durchschaut keiner der Beteiligten - dazu zählen Figuren, Regie und Zuschauer - so richtig: Die Frau des Auftraggebers von Domino und Ed will ein kleines Nebengeschäft aufziehen, man klaut Casinogelder, schnappt die vermeintlichen, als "First Ladies" verkleideten Diebe mit den Millionen und kassiert einen Finderlohn. Leider gehört das Geld der Mafia und zudem ist unter den falschen Dieben noch ein Mafia-Söhnchen hingerichtet worden.
Mindere Filmemacher haben sich schon erfolgreich aus einer komplexen Story herausgedreht. Doch Tony Scott macht es mit seinem extremen Styling noch etwas schwieriger. Farbverzerrungen, rasante Schnitte, unruhige Kameras. "Domino" sieht meist aus wie "Natural Born Killers", nimmt sich sogar selbst mit der Kopfgeldjäger-Soap "Bounty Squad" medienkritisch auf die Schippe. (Hallo Arte: Wär das nicht was für euch?)
Dieser Stil nervt bald nur noch. Schade, denn die Story - nach der Geschichte
der wahren Domino Harvey - ist richtig gut, spannend. So gehen auch Elemente
eines Erzählens mit Bildern unter wie der Goldfisch von Domino als Metapher
für Einsamkeit. Das Spiel mit einer Münze - Kopf oder Zahl? - bleibt
oberflächlich wie die bemerkenswerte Ähnlichkeit Chocos zu dem
Jesus-Porträt, das Dominos Wende zum Bösen beobachtete. Die psychologische
Ausstattung der Figuren ist fragmentarisch, die Liste der Auftritte dafür
eindrucksvoll: Christopher Walken macht den TV-Produzenten, ein harmloses
Kerlchen in dieser rauen Charakter-Sammlung. Mickey Rourke, mit einer Narbe
längs übers Gesicht, hat noch mal eine richtige Rolle. Tom Waits
ist als (Seelen-) Retter zu hören und endlich auch noch mal zu sehen.
Allerdings hätte Scott eines Retters im Schnittraum bedurft, um all
das Gute dieses Films nicht hoffnungslos wild zu zerschnibbeln.
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