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Der Club der toten Dichter

USA 1988 (Dead Poets Society) Regie: Peter Weir, 128 Min.

Wie jemanden vom anderen Stern läßt Regisseur PeterWeir den Lehrer John Keating in die beklemmend unfreie Welt derWelton Academy, einem amerikanischen Internat der fünfzigerJahre eindringen. 'Höll-ton' nennen Schüler die Eliteschulemit den Tugenden "Tradition, Ehre, Disziplin, Vortrefflichkeit". Hierwurde auch Keating erzogen, doch dessen neue Art desLiteraturunterrichts gibt einigen der Schüler Gelegenheit,Fesseln der dumpfen Autoritätshörigkeit ab~ zuwerfen. Seineerste und entscheidende Lehre ist "Carpe Diem, Jungs! Pflückeden Tag. Macht euer Leben außergewöhnlich!"

Neben dem Lernen gibt es auch noch das Leben und vollstes Lebenist in der Literatur zu finden, wenn es nicht gerade vonnaturwissenschaftlichen Analysemethoden erstickt wird. Miterfrischend unkonventionellen Un~ terrichtsformen weist Keatingseinen Schüler indirekt den Weg zu einer Urhöhle, wo der'Club der toten Dichter' die durch Erziehung zugeschüttetenTräume aufleben läßt. Die Jungen lesen sich Gedichtevor, die ihre Gefühle wiedergeben, singen, tanzen, feiern. Dochwie bei allen Bearbeitungen des Frühlingserwachens der Jugend ineinem tödlich starren Erziehungssystem, kommt es zurKatastrophe.

Der australische Regisseur Peter Weir ('Ein Jahr in derHölle', 'Der einzige Zeuge') schuf mit 'Picknick amValentinstag' schon einen Film um Jugendliche damals Mädchen- imInternat. So wie 1974 mit mythischen Landschaftsbildern, die sichtief eingeprägt haben, schafft es Weir auch im 'Club der totenDichter' ('Dead Poets Society'), durch eindrucksvolle und schöneSzenen von befreienden Momenten außerhalb der kerkerhaftenGebäude zu beeindrucken. Dabei verstärkenVögelschwärme sowohl direkt als auch metaphorisch daserhebende Gefühl der Freiheit, während fast alleInnenaufnahmen durch enge Fenstergitter begrenzt sind. Im Klassenraumerdrückt ein gewaltiges Kreuz von der Decke her jedes Bestreben,aus sich herauszuwachsen. Das Mutmachende an diesem Film ist, nahemitzuerleben, wie die Schüler trotz aller Begrenzungen übersich hinauswachsen, wobei die gelungene filmische Umsetzung derinneren Zustände für fesselnde Momente undästhetisches Vergnügen sorgt.

Die vom Streber bis zum wilden Spinner differenzierten Rollen sinddurchgehend beeindruckend und glaubwürdig gespielt, doch derGlanzpunkt ist Robin Williams als Keating. Bekannt als 'Mork vom Ork'und 'Garp' kann er nach 'Good Morning, Vietnam' hier sein ganzesRepertoire ausspielen. Seine herrliche Komik -John Wayne spieltShakespeare- leidet zwar unter der Synchronisation, doch seineinfühlsamer und nuancenreicher Ausdruck, der die heraufziehendeTragödie wiederspiegelt, zieht Schüler und Publikum inseinen Bann.


Eine Kritik von GünterH. Jekubzik

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