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Berlinale Notizen 5

Von Günter H. Jekubzik

"Große Erwartungen" bestimmen das letzte Wochenende der 48. Berlinale: Wen kürt die Jury um Ben Kingsley zu den Bären-Siegern? Wird Robert DeNiro heute endlich für die Filmromanze "Große Erwartungen" nach Berlin kommen? Er kann dann gleich Interviews für zwei andere Filme geben: Auch in Tarantinos "Jackie Brown" und gestern in Barry Levinson Politsatire "Wag the Dog" war der Star im Wettbewerb zu sehen. Der Freitag brachte auch die kürzesten zwei Stunden der diesjährigen Berlinale, die beste Grisham-Verfilmung und einen ungemein spannenden Robert Altman-Thriller: Mit "The Gingerbreadman" zeigte der Altmeister an seinem 73. Geburtstag, daß ihm nicht nur komplexe Kunstwerke wie zu letzt "The Player", "Short Cuts", "Mrs. Parker" oder "Pret-a-porter" gelingen. Auch ein gradliniges, hauptsächlich auf Tempo und Spannung ausgerichtetes Filmrätsel gewinnt unter Altmans Regie ganz besonderen Reiz. Kenneth Branagh spielt Rick Magruder, einen sehr erfolgreichen, aber immer noch bescheidenen und ganz sympathischen Anwalt, dessen Einsamkeit ihn in die Arme der jungen Kellnerin Mallory Doss (Embeth Davidtz) treibt. Nachdem Magruder die ängstliche Mallory juristisch gegen ihren scheinbar gefährlichen verstörten Vater schützt, häufen sich die anonymen Drohungen gegen die Familie des Anwalts. "Gingerbread Man" heißt nach einer gruseligen Geschichte, die Mallorys Vater erzählt haben soll, auf deutsch Lebkuchenmann. Der Film lief außer Konkurrenz.

Im Wettbewerb beeindruckte Michael Winterbottom mit "I want you": Vier Menschen bekommen darin in einem britischen Seebad miteinander zu tun, vier Figuren mit fesselnden Brüchen. Martin hat hier vor Jahren einen Mord begangen und kehrt nun zurück. Schnell wird seine Stoßrichtung klar, er will zurück zu seiner Jugendliebe Helen. Die Helen arbeitet in einem Friseurladen. Ihren Freund, den Radio-DJ Bob, läßt sie nicht ran. Behilflich beim Ruhigstellen von Bob ist ein witzig montierter Zusammenschnitt privater Gespräche, der anonym über den Sender geht und den Moderator Bob bloßstellt. Die Aufnahmen stammen vom vierzehnjährigen, blonden Honda, der Helen umschwärmt. Honda ist ein Ohrenmensch, das Hören bestimmt seine Sinne. Was Honda sieht, ist unklar, farblich verzerrt. Er sprach nicht mehr, seit seine Mutter starb. Hondas Schwester Smokey schleppt aus dem Klub am Pier fast jede Nacht einen neuen Mann ab. Auch eine Folge des Krieges, dem Honda und Smokey entflohen? Nur Michael will nicht richtig mit Smokey. Michael will Helen, wie immer bedrohlicher klar wird.

"I want you" heißt wie ein Song von Elvis Costello. Bilder, Songs, Drive - ein Film, der sofort losgeht und nicht mehr stoppt, auch wenn das Kino schon längst wieder leer ist. Die Liebe und der Sex sind hart. Der Trost ist poetisch: die Umarmungen von Smokey und Honda, die Tonaufnahmen der Mutter, zu denen Honda einschläft, die Freundschaft zwischen Honda und Helen. Ein guter, richtig packender Film mit eigener Sprache, der deshalb wohl keine Chance auf einen Preis hat.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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