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Berlinale 1997 - Die Preise


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Mit der Verleihung der Hauptpreise ging der Wettbewerb der 47. Internationalen Filmfestspiele zu Ende. Der "Goldene Berliner Bär" der internationalen Jury unter dem Franzosen Jacques Lang ging an Milos Formans mutigen Film "Larry Flynt - Die nackte Wahrheit". Larry Flynt veröffentlichte seinen "Hustler" als er erkannte, daß wohl niemand die Texte im "Playboy" lesen würde. Es hagelte Proteste und Gerichtsverfahren. Mit origineller und unausstehlicher Dickköpfigkeit stritt Larry für sein Recht "ehrliches Geld zu verdienen". Schon die Idee, den Herausgeber eines deftigen Pornomagazins zum Helden eines Films zu machen, erfordert Mut - vor allem in den USA. Unter dem Mäntelchen nackter Tatsachen befragt "Larry Flynt" die meist scheinheilige Moral der Gesellschaft und stellt den Stand von Meinungsfreiheit zur Diskussion.

Der Silberne Bären für den besten Darsteller ging an Leonardo DiCaprio, der in Buz Luhmans faszinierend wildem und kunstvollen "Romeo & Julia" den knabenhaften Liebhaber und Shakespeares Originaltexte meistert. Die Französin Juliette Binoche spielt in "Der englische Patient" als Krankenschwester Hana zwar nur die zweite weibliche Rolle, doch es reichte für den "Darstellerin-Bären". Der heißeste Oscarkandidat "Der englische Patient" läuft Donnerstag bundesweit an.

Damit teilten sich US-amerikanische Produktionen das Fell des Bären auf, wäre da nicht noch ein Silberner Berliner Bär, der Spezialpreis der Jury, für die taiwanesische Produktion "Der Fluß". Regisseur Tsai Ming-liang zeichnet das Portrait einer sich entfremdeten Familie in Taipeh. Nach einem Bad im verschmutzten Fluß treiben Schmerzen den Sohn auf eine Odyssee zu verschiedenen Heilern.

Einen weiteren Silbernen Bären erhielt der Regisseur Raoul Ruiz allgemein für "seinen bedeutenden Beitrag zur Filmkunst unserer Zeit". In seinem Wettbewerbsbeitrag "Genealogies d'un crime" verteidigt Catherine Deneuve einen jugendlichen Mörder seiner Tante. Die Rückblenden, in denen die Anwältin das Vorfeld des Verbrechens erforscht, zeigen die Deneuve erneut, diesmal als zukünftiges Opfer. Den Silbernen Bären für die Beste Regie erhielt Eric Heumann für die Afrika-Reise seiner Figur Pierre in "Port Djema.

Das Panorama blieb am Rande des Wettbewerbs seinem Image als Sammelsurium treu: Starke und so-lala Dokumentationen, ein offener Blick für Schwulen- und Lesben-Filme und als Panorama-Special die erfreulichsten Filme des Festivals: "Chasing Amy" und "Brassed off". Ersterer vollende Kevin Smiths frische Trilogie über Beziehungsklärungen junger Amerikaner. "Brassed Off" verbindet das Schicksal eine von Schließung bedrohten Zeche mit deren Blasmusik-Orchester in der sympathisch-heiteren britischen Art.

Visuelle Impulse und wegweisende Ästhetik waren vor allem im Internationalen Forum zu entdecken: "A Cha Cha for the Fugitive" von Tsai-Cheng Wang stammt auch aus Taiwan und brachte die stärksten Bilder auf die Leinwand. Auch die wildeste Geschichte lief im "Forum", im Zeichentrickfilm "Katharina & Witt" der Hamburger Künstler Mariola Brillowska und Charles Kissing.