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Berlinale 1996: Robert Downey Jr. und selbstreferenzielle Filme

Berlin. Trend 1 im Wettbewerb der diesjährigen Filmfestspiele Berlins ist daß Robert Downey Jr. komisch startet und tragisch endet. Gleich vier mal sorgte der Amerikaner, der auch schon mal "Chaplin" verkörperte, in Berlin für Lacher: In Jodie Fosters "Familienfest" gab er den liebenswert gemeinen und verlorenen Sohn, der nach einigen schwermütigen Szenen fröhlich abhaut. In dem Königsdrama "Richard III" muß er als gutgelaunter Konkurrent in dritter oder vierter Linie dem blutrünstigen Machtmenschen Richard weichen. Da tat er auch gut dran, denn das optisch originelle, in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts verlegte Shakespeare-Drama verfehlt trotz vieler Effekte seine Wirkung. Wenn die Siegesrede Richards auf der Toilette fortgeführt wird, oder Swing-Musik die tödlichen Ränke begleitet, läßt sich noch schmunzeln. Das klassische Zitat "Ein Königreich für ein Pferd", am Ende Richards vom festgefahrenen Jeep aus deklamiert, weckte niemanden mehr auf. Schade um die tolle Leistung des Hauptdarstellers und Buchautors Ian McKellen. Gegen alle Film-Theorien hätte hier mehr Shakespeare-Text auch auf der Leinwand größere Wirkung erzeugt.

Im dritten Anlauf, im historischen Arztroman "Restoration", darf Robert Downey Jr. als Hauptfigur mit viel Glück überleben. Vorher muß er aber im 17.Jahrhundert, zur Zeit der Wiedereinsetzung Charles II, als begnadeter Arzt ein lasterhaftes Leben, die Unbillen seines Königs, eine unglückliche Liebe, die Pest und den Tod seiner Frau überstehen. Ein wahrhaft dramatisches Leben, das auch im Trivialroman seine Freunde finden würde. Der Regisseur Michael Hoffman verwies auf die Parallelen der damaligen Zeit zu heutigen unheilbaren Krankheiten, wissenschaftlichen Errungenschaften und gesellschaftlichen Umwälzungen. Diese Motive für den Film verlor er leider zu schnell aus den Augen. Da der Film weithin nichts mehr hergab, durfte Robert Downey Jr. in seinem vierten Auftritt bei der Pressekonferenz dann noch einige ungeheuer belanglose Fragen zu den Sexszenen des Films beantworten.

Mehr Freude macht der Berlinale-Trend Nr. 2: Filme die sich selbst zu Ende schreiben. Wie bei "Schnappt Shorty" (wir berichteten) formt sich auch das Ende von "Les Menteurs" (Die Lügner) durch eigenständige Entscheidungen der Figuren aus dem Filmmilieu. Sie schreiben im selbstreflexiven Film ihre eigene Lebensgeschichte weiter. Diese Aussicht wäre für die tragischen Helden aus dem bisherigen Berlinale-Höhepunkt "Des Nouvelles du Bon Dieu" (Nachrichten von Gott) das Ziel aller Wünsche. Verzweifelt versuchen sie, die um ihre Existenz als reine Figur wissen, ihren Autor zu sprechen. Der entpuppt sich letztendlich auch nur als griesgrämiger Kleinbürger Albert-Louis Dieu, ein Entwurf eines weiteren Schöpfers. Aber die absurden Verrücktheiten der rebellischen Akteure wider Willen bereiten im Erstling von Didier Le Pecheur ein rahmensprengendes Vergnügen.