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Das Licht

D 2025 R: Tom Tykwer, D: Lars Eidinger, Nicolette Krebitz, Tala Al-Deen, 162 Min.

Seinen jungen Mitarbeiter*innen gegenüber gibt Tim Engels (Lars Eidinger) sich gern als liberaler Freigeist. Der Werbetexter entwickelt gerade einen neuen Claim, der sich an eine weltoffene Generation richtet und inszeniert sich als Teamleader, der selbstbewusster wirkt als er es eigentlich ist. Seine Frau Milena (Nicolette Krebitz) kümmert sich derweil in Kenia um ein Entwicklungsprojekt in den Townships. Unterpriveligierte Kinder und Jugendliche bringen Theaterstücke auf die Bühne. Ein Projekt, das wirklich etwas bewegt, sagt Milena, und trotzdem droht die Förderung ihres Ministeriums weg zu brechen, weshalb sie im Dauerstress ist. Die Paartherapie treibt Tim und Milena eher auseinander, als sie einander näher zu bringen. Unterdessen haben ihre beiden 17-jährigen Zwillinge Frieda (Elke Biesendorfer) und Jon (Julius Gause) daheim ihre ganz individuellen Probleme.
Geredet wird zuhause kaum, wenn denn überhaupt mal alle zuhause sind. So fällt es auch erst am Morgen danach auf, dass ihre Haushälterin Maja einen Schlaganfall hatte und auf dem Küchenfußboden liegt. Das versetzt dem Familiengefüge einen ersten Ruck und bringt Farrah (Tala Al Deen) in ihr Leben. Die gelernte Psychologin floh aus Syrien nach Deutschland und könnte hier als Arzthelferin arbeiten. Doch sie sucht sich explizit die Familie Engels aus, um bei ihnen zu putzen. Farrah wird zur Schulter, an die sich die Kinder anlehnen können, zum offenen Ohr für die Probleme der Eltern. Daneben verfolgt sie aber ihre ganz eigene Agenda.
Welche das ist, offenbart Tykwer erst im finalen Akt seines fast dreistündigen Werks. Bis dahin sind wir mit den Figuren bereits durch alle Höhen und Tiefen einer familiären Beziehung gegangen. Tykwer, der hier auch wieder das Drehbuch verfasste, projiziert gesellschaftliche Verwerfungen auf den familiären Mikrokosmos und spiegelt sie zurück. Nach fünf Jahren mit der Serie „Babylon Berlin“, die mit ihrem Blick auf die Wurzeln des Faschismus auch viel Gegenwärtiges hat, wollte er wieder eine Geschichte im Hier und Jetzt erzählen und Figuren schaffen, die ihm nah sind, sagt er. Das gelingt dank eines hervorragenden Ensembles und dem Mut zum Stilbruch mit Tanz- und Gesangseinlagen und Comicsequenzen, die an seinen international größten Erfolg „Lola rennt“ erinnern. „Das Licht“ verlangt viel vom Publikum, ist aber eine Bereicherung, gibt man sich ihm vollends hin.


Ein FILMtabs.de Artikel