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Lieber Antoine als gar keinen Ärger

Frankreich 2018 (En liberté!) Regie: Pierre Salvadori, mit Adèle Haenel, Audrey Tautou, Pio Marmaï, Vincent Elbaz 108 Min. FSK ab 16

Capitaine Jean Santi war ein großartiger Polizist, ein richtiger Held. Von dessen Taten erzählt seine Witwe Yvonne dem gemeinsamen Sohn jeden Abend eine deftige Gute-Nacht-Action-Geschichte. Doch als die trauernde Polizistin erfährt, dass Santi gar nicht so edel und sehr korrupt war, bekommt der Verflossene in diesen Geschichten plötzlich mächtig Prügel. Das ist nicht die einzige schräge Wendung in dieser klasse verdrehten Komödie.

Adèle Haenel, junge Ärztin in Dardennes „Das unbekannte Mädchen“ und neben Lars Eidinger in „Die Blumen von Gestern“ eine Holocaust-Forscherin, zeigt hier eine weitere Facette auch ihres komödiantischen Könnens. Ihr Spiel und die flotte Montage machen es treffsicher komisch, wie sie nach der Erkenntnis der Korruption ihres Mannes in der eigenen Wohnung all den verbrecherischen Luxus sieht: Oh verdammt!

Es war ein in schwarzem Lack und Leder verkleideter Juwelier, der nach einer hochgenommenen Fetisch-Party den Ehering aus einem fingierten Ãœberfall am Finger Yvonnes erkennt. Danach will die enttäuschte und wütende Frau nur noch den Verbrecher rehabilitieren, der unschuldig für diesen Raub im Gefängnis sitzt. Antoine (Pio Marmaï) kommt zwar schnell raus, erweist sich aber als neurotische Zeitbombe. Doch selbst nachdem er die Leute, denen er ein Portmonee geklaut hat, brutal zusammenschlägt, reißt ihn die Polizistin raus, indem sie die Verfolger festnagelt. Mit wütendem Engagement folgt Yvonne ihm nun anonym, um die Ungerechtigkeit wieder gerade zu rücken. Dabei darf sich der deutlich gestörte Typ alles erlauben. Antoine lässt sich einfach verfolgen – über Opfer mit abgebissen Ohrläppchen!

„Lieber Antoine als gar keinen Ärger“ ist eine verrückte Komödie, die dank super Schauspiel und bestem Timing viel ungewöhnlichen Spaß macht. Herrlich, wie Antoine vom kleinen Zittern zu großer Form aufläuft und schließlich ein ganzes Restaurant abflammt. Im Finale wird mit Riesendildo die Schmuck-Vitrine eines Juweliers zertrümmert – da wissen die Angestellten, der im Fetisch vermummte Angreifer ist nicht islamistisch! Bis dahin hat es der erfahrene Regisseur Pierre Salvadori („Die Anfänger““, „Bezaubernde Lügen“) auch noch geschafft, etwas Romantik und eine Prise Gefühl in den reizvollen Film zu bringen.


Ein FILMtabs.de Artikel