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The Dead Don’t Die

USA, Schweden 2019 Regie: Jim Jarmusch, mit Bill Murray, Adam Driver, Steve Buscemi, Tilda Swinton, Chloë Sevigny, Tom Waits, Iggy Pop 103 Min.

Sehr entspannt häufen sich düstere Vorhersagen und Anzeichen für eine Katastrophe, während im Radio immer noch Country-Musik läuft. Jim Jarmuschs Neuer, „The Dead Don’t Die“, ist ein netter Zombie-Film, eher humorig als schrecklich. Stil und Stars machen ihn sehenswert.

Im Radio wird Propaganda für das umweltzerstörende Fracking gemacht, obwohl sich durch Bohrungen am Pol die Erdachse bereits verschoben hat und die Nacht bereits taghell wurde. Klar, dass die Sheriffs Cliff Robertson (Bill Murray) und Ronald Peterson (Adam Driver) bei den frischen Löchern im Friedhof und den ersten tierisch verstümmelten Leichen ahnen: Zombies! Peterson weiß zudem, dass es böse ausgehen wird, denn er hat das Drehbuch gelesen!

Das ist umwerfend trocken-humorig, wenn Peterson mit dem offenen Smart-Cabrio am Tatort eintrifft, neben der üblichen Polizei-Limousine. Wenn dann die Kollegin mit einem Prius Primus-Hybrid ankommt, ist das gleichzeitig ein ökologischer Kommentar zur Automobil-Entwicklung.

Selbst mit immer mehr unappetitlichen Untoten, dies ist die Art Grusel, bei der man sich nicht wirklich zu fürchten braucht. „Wie ein altmodischer Horrorfilm“, beschreiben die Beteiligten selber diesen neuen Jarmusch. Die Figuren legen derartig viel Unaufgeregtheit an den Tag, da ist gar nicht viel Unterschied zu den emotionslosen Zombies. Erstere sind nur noch komischer. Aber auch Zombies haben bei Jarmusch richtig viel Stil. Dazu spielt wieder ein erlesener Soundtrack, zu dem der Titelsong „The Dead Don’t Die“ gehört.

Sehenswert auch haufenweise Prominente, die sämtlich Zombies aus älteren Jarmusch-Flmen sind: Tom Waits („Down by Law“) als obdachloser Wilderer im Wald, Steve Buscemi („Mystery Train“) als rechter Idiot, Rassist und Trump-Fan, Iggy Pop („Coffee and Cigarettes“) als koffein-süchtiger Zombie. Die Krönung selbstverständlich die alte Jarmusch-Bekannte Tilda Swinton („Only Lovers left alive“) als anämische Bestatterin Zelda mit seltsamem Verhalten und Samurai-Fähigkeiten. Sie wirkt wie der irritierende Alien, der Jessica Chastain in „X-Men: Dark Phoenix“ nicht war. Adam Drivers Peterson klingt selbstverständlich wie „Paterson“, der Dichter aus Jarmuschs Literaturfilm. Bill Murray war in „Broken Flowers“ die Verkörperung des typischen lakonischen Einzelgängers von Jarmusch.

Diese Figuren haben eine andere Moral und andere Gerechtigkeit, als es das Gesetz vorsieht. Was in diesem Fall sympathisch wirkt, weil es nicht in Richtung Reichsbürger geht. Gute Freundschaft und Menschenverstand zählen viel. Die Kenntnis einschlägiger Filme allerdings auch. Trotzdem erweist es sich für die meisten doch nicht so einfach, eine staubtrockene Leiche zu enthaupten. Nur die Bestatterin Zelda erledigt direkt zwei Köpfe in einer eleganten Bewegung. Aber „sie ist seltsam, sie ist schottisch!“ Am Ende ist Splatter doch unausweichlich, besonders die beiden im Handwerkerladen Eingesperrten haben viele Methoden zur Zombie-Beseitigung zu Hand.

Weitere nette Fußnote: Die Zombies suchen immer noch das, was sie lebendig geliebt haben. Sei es Chardonnay, Männer-Werkzeuge oder Spielzeug im Falle der Kinder. Ja, es sind herrlich bescheuerte Wendungen, kommentiert von der rauchigen Stimme des Tom Waits. Allerdings, während der wunderbaren Vampirfilm „Only Lovers left alive“ tief und nachhaltig berührte, ist „The Dead Don’t Die“ vor allem netter Scherz, stil- aber nicht inhaltsvolle Stilübung.


Ein FILMtabs.de Artikel