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Trautmann

BRD, Großbritannien, Irland 2018 Regie: Marcus H. Rosenmüller, mit David Kross, Freya Mavor, John Henshaw, Dave Johns, Harry Melling, Gary Lewis 120 Min. FSK ab 12

Die Angst des Torwarts vor den Engländern

Deutsche Torhüter sind auch im internationalen Fußball eine ganz eigene Geschichte. Die wahre von Bernd „Bert“ Trautmann ist besonders: Eine von Krieg und Versöhnung, Schuld und Sühne, sowie die, von einem gebrochenen Halswirbel im englischen Pokalfinale 1956. David Kross spielt die Torwart-Legende eindrucksvoll, Regisseur Marcus H. Rosenmüller emanzipiert sich endgültig von bayerischen Heimatfilmen wie „Wer früher stirbt, ist länger tot“.

Man mag angesichts reicher deutsch-britischer Fußball-Geschichte gar nicht glauben, dass es vorher auch noch etwas anderes gab. Nämlich einen Krieg mit furchtbaren Luftangriffen auf britische Städte, Zerstörung sowie vielen Toten unter Zivilisten und Militärs. All dies bestimmt die Kriegsgefangenschaft des 21-jährigen Fallschirmjägers Bernd Trautmann (David Kross) in der Nähe von Manchester. Es gibt im Lager stramme Nazis, Widerständler und Fußball – für ein paar Zigaretten hält Trautmann im Lager jeden Elfmeter. Dies Talent entdeckt der örtliche Lebensmittelhändler Jack Friar (John Henshaw), gleichzeitig Coach des abstiegsbedrohten Provinzclubs St. Helens. Und so geschieht das Unglaubliche, dass ein deutscher Gefangener wenige Tage nach Kriegsende einen britischen Club vor dem Abstieg rettet!

Dabei wird „Bert“ – wie ihn die Engländer nennen – Trautmann von Manchester City entdeckt. Und trotz anfänglicher Proteste gegen den Träger des Eisernen Kreuzes zum Star und zur Legende, als er während des Cup-Finals 1956 im Londoner Wembley-Stadion seiner Mannschaft mit einem gebrochenen Halswirbel den Sieg rettet.

Entnazifizierung auf dem Fußballplatz – das will man angesichts rechtsextremer Stimmung in deutschen Studien gar nicht glauben. Aber der ebenso unterhaltsame wie eindrucksvolle Film „Trautmann“ macht aus der Sportler-Biografie eine gruselige Geschichte von Schuld und Sühne. Denn immer wieder verfolgt den erfolgreichen Torwart das Bild eines Jungen mit Fußball aus Kriegszeiten. Die eigenen Taten und das, was er nicht verhindert hat, machen aus der Historie ein veritables Melodram, eine bitter belastete Erfolgsgeschichte. Die schaurige Metapher des Jungen bringt literarische Qualitäten ins Drehbuch von Regisseur Rosenmüller und seinem Ko-Autor Nicholas J. Schofield.

Trautmanns wahre Geschichte wurde in dieser tollen englisch-deutschen Ko-Produktion etwas pointierter und stromlinienförmiger gebracht, doch sie ist so in der Wirkung ein Volltreffer. David Kross zeigt einen ebenso spielfreudigen wie traumatisierten jungen Mann. Die Angst im Blick beim ersten Spiel unter lauter Engländern gelingt genau wie die kindische Freude zwischen den Pfosten und die Schwere der Kriegsnarben. So völkerverbindend und heilend könnte Sport also tatsächlich sein, wenn es nicht immer wieder nur dieses „Wir“ gegen „Die“ wäre.


Ein FILMtabs.de Artikel