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Der Goldene Handschuh

BRD, Frankreich 2019 Regie: Fatih Akin mit Jonas Dassler, Margarethe Tiesel, Katja Studt, Martina Eitner-Acheampong, Hark Bohm 110 Min. FSK ab 18

„Ab 18“ ist ein hartes Urteil, selbst für einen harten Film nach einem harten Stoff. Doch die Verfilmung des Romans „Der Goldene Handschuh“ von Heinz Strunk ist nicht nur in der Behandlung des (weiblichen) Körpers schwer erträglich drastisch, die Darstellung von Randgestalten der Gesellschaft geriet auch gegen die Absichten aller Beteiligten sehr menschenverachtend. So ist der neue Fatih Akin erschreckend und in mehrfacher Hinsicht „Horror“.

Fritz „Fiete“ Honka sieht bucklig mit krummer, warziger Nase, faulen Zähnen, schiefem Blick und schrägen Gesicht nicht nur aus wie ein Monster, er brachte Anfang der 70er-Jahre in Hamburg auch vier Frauen um und versteckte einige der zerstückelten Leichen monatelang in seiner Dachwohnung. Hinweise der Nachbarn auf den Gestank blieben ohne Folgen.

Der Reiz des „Milieus“, der Schilderung der Menschen in St. Pauli und vor allem von Honkas Stammkneipe „Der Goldene Handschuh“, machte das Buch des vielseitigen Autoren und Satirikers Heinz Strunk („Fraktus“) interessant. Nun taucht Fatih Akins Film detailverliebt in diese historischen Szenen ein, den Ausstattern und dem Auge ist das noch eine Freude. Auch die Wohnung des Mörders wurde nach Polizeifotos rekonstruiert. In diesen Kulissen tummeln sich die fertigen Typen, Säufer, Vergessene und Verlorene. Als Heimat und Sammelbecken dient ihnen der „Goldene Handschuh“. Auf der Suche nach ein wenig Zuneigung und Liebe nehmen sie viel in Kauf. Doch Fritz Honka (Jonas Dassler aus „Das schweigende Klassenzimmer“, „Werk ohne Autor“) wird selbst hier von den alten Frauen verachtet. Rache nimmt der einsame Mann dann in seiner Wohnung. Nicht erst die brutalen Taten sind schockierend, sein ganzer Umgang, jedes Wort ist verächtlich. Während die meisten Frauen sich das gefallen lassen, kommen sie in der meist widerlichen Darstellung der Elenden noch mit etwas Würde weg.

Es sollte wahrscheinlich kultig und komisch sein, dabei dann auch noch menschlich. Doch vor allem im letzten Punkt scheitert Fatih Akin bei der Darstellung der Figuren von Strunk. Gerade der Hamburger Akin, der so gelungene Milieu-Filme wie „Soulfoud Cafe“ hingelegt hat. Lachen kann man hier nur unter der Bedingung vorheriger Abstumpfung. Zum Deko-Kult um verräucherte Buden sowie Schlaghosen und bunte Hemden aus Plastik gehören die deutschen Schlager: Adamos „Es geht eine Träne auf Reisen“ ist so etwas wie der sarkastische oder ironische Titelsong, aber diesem furchtbaren optischen und menschlichen Gemetzel sollte man keine Träne nachweinen.


Ein FILMtabs.de Artikel