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Yuli

Spanien, Kuba, England, BRD 2018 Regie: Icíar Bollaín, mit Carlos Acosta, Santiago Alfonso, Edilson Manuel Olbera Núñez, 109 Min. FSK ab 6

Am Anfang tritt Carlos Acosta selbst ins Rampenlicht. Er ist der Regisseur seiner eigenen Lebensgeschichte. „Yuli“ ist der Name, den sein Vater ihm gab, und es ist auch der Titel des Programms, das er im Londoner National Theatre auf die Bühne bringen wird. Das schwierige Verhältnis zu seinem Vater steht im Mittelpunkt. Aber auch, wie er zu dem wurde, was er war: ein international gefeierter Tänzer, einer der Besten der Welt.

Yulis Geschichte beginnt im Kuba der späten siebziger Jahre. Der junge Carlos ist ein begeisterter Tänzer. Allerdings benutzt er die Moves nur dazu, um sich auf den Straßen zu behaupten. Eines Tages zieht ihn sein strenger Vater an den Ohren aus einem weiteren Battle und schleift ihn zur renommierten Ballettschule in Havanna. Wenn er mit dem „Arsch wackeln“ wolle, dann solle er es hier tun. Mit diesen Worten zwingt ihn sein Vater dazu, die kommenden Jahrzehnte zu schuften, damit er eines Tages zu den Besten gehört.
Doch Yuli braucht lange, bis er die Begeisterung fürs Ballett entdeckt und sein immenses Talent annimmt. Er besucht Ballettschulen in London und Houston, während sich die Situation in seiner Heimat immer mehr verschlechtert. Die Sehnsucht nach der Heimat, seiner Familie und der Liebe seines Vaters macht ihn zu einem Rastlosen.
Die Stationen auf seinem Weg setzte Acosta selbst in Bewegung um. Zwischen der Bühne und dem Leben schneidet die spanische Regisseurin Icíar Bollaín immer wieder hin und her. Vor allem im späteren Verlauf verzichtet sie auf eine Nachinszenierung des Erfolgs und lässt Acosta reden in der Form, die ihm vertraut ist: Die mitreißenden Tanzchoreographien transportieren sein zwiespältige Verhältnis zum Rampenlicht.
Mit dem jungen Edison Manuel Olvera und Keyvin Martínez, der Acosta als Teenager verkörpert, fand man zwei nicht nur optisch perfekt passende Darsteller, es ist zudem bemerkenswert, wie ähnlich Acosta seinem Filmvater Pedro ist, der hier von Santiago Alfonso eindrucksvoll verkörpert wird. Das facettenreiche Verhältnis zwischen Yuli und Pedro, zwischen der Liebe und der Gewalt, dem Stolz und dem ewigen Gefühl, den Ansprüchen des Vaters nicht zu genügen, behandelt Bollaíns Film umfassend und ehrlich.

In seiner zweiten Zusammenarbeit mit Regisseurin Bollaín thematisierte der britische Drehbuchautor Paul Laverty („El Olivo – Der Olivenbaum“), langjähriger Partner von Ken Loach, in seinem Skript aber auch die Entwicklung Kubas, das Kameramann Alex Catalán („Und dann der Regen – También la lluvia“) mit warmen Bildern in Kontrast zum fortschrittlichen, kühlen London setzt. Acostas Liebe zum Land und seinen Menschen zieht ihn immer wieder zurück. Endgültig kehrte er 2015 in die Heimat zurück, um dort eine Tanzkompanie aufzubauen.

„Yuli“ ist ein starkes Künstlerporträt, das Acostas Leben und seiner Leidenschaft mit der Kunst des Filmemachens Ausdruck verleiht.


Ein FILMtabs.de Artikel