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Colette (2018)

USA, Großbritannien 2018 Regie: Wash Westmoreland, mit Keira Knightley, Dominic West, Denise Gough, Fiona Shaw 112 Min. FSK ab 6

Nein, „Willy“ ist als sehr erfolgreicher Autor des Fin de Siecle nicht wirklich berühmt geblieben. Seine Frau und literarische „Schreibkraft” Sidonie-Gabrielle Colette (1873-1954) gilt hingegen als eine frühe weibliche Autorin und Feministin. Die überbordende Kostüm- und Kulissen-Biografie „Colette“ vermischt unterhaltsam literarische und Skandal-Geschichte.

Sidonie-Gabrielle Colette (Keira Knightley) ist ein Mädchen vom Lande, das allerdings weiß, was sie will: Den egomanischen, 15 Jahre älteren Autoren (Dominic West), der unter dem Pseudonym „Willy“ eine Schreib- und Merchandise-Stube betreibt. Sie folgt ihm als Ehefrau nach Paris. Die eitle Künstlerszene dort verachtet sie. Willys Ausschweifungen reizen und verletzen sie. Das Bild vom erfolgreichen Autor skandalöser Geschichtchen wird schnell geerdet: Andere schreiben die Geschichten für Willy und bekommen für den Job oft ihr Geld nicht, denn der vermeintliche Autor schmeißt mit Charme und Geld um sich.

So schreibt auch Colette eher aus Not heraus ihre Jugenderinnerungen auf. Der sagenhafte Erfolg dieser „Claudine“-Geschichte macht die beiden zum Promi-Paar, Claudines Pagenkopf-Frisur wird zur Mode. Doch wieder sahnt nur Willy ab. Selbst als die verliebte Colette eigene amouröse Abenteuer entdeckt, betrügt sie ihr Mann ausgerechnet mit ihrer Liebhaberin. Erst nach einem bitteren Kampf bekommt Colette eigene Autorenschaft und Ruhm.

Die Geschichte der Colette ist literarisch und filmisch keine große Entdeckung. Die Autorin, die 1945 als zweite Frau Mitglied der Académie Goncourt, 1949 deren Vorsitzende und 1953 Grand Officier der Ehrenlegion wurde, die in Frankreich als erste Frau ein Staatsbegräbnis bekam, war Thema mehrerer Filme. Die Verfilmungen von „Claudine“, „Cheri“ und „Gigi“ (unter anderem das Musical von Vincente Minnelli aus 1958) sind eine eigene Erfolgsgeschichte. Die Biografie von Regisseur Wash Westmoreland erzählt mit reichhaltig Ausstattungs- und Darsteller-Material lange jedoch nur die Geschichte einer unglücklichen, betrogenen Frau. Interessant wird „Colette“ erst mit ihrer Emanzipation. Die für ihre Zeit „skandalösen“ Ausschweifungen der Ehepartner geraten dann sogar mal komisch. Insgesamt bleibt diese informative Literatur- und Emanzipations-Geschichte allerdings auf dem Niveau „ansehnlich“ hängen. Vom Provokativen, das Claudine und Colette in ihrer Zeit verkörperten, hat der nette Film rein gar nichts.


Ein FILMtabs.de Artikel