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Assassination Nation

USA 2018 Regie: Sam Levinson, mit Suki Waterhouse, Bill Skarsgård, Bella Thorne, Maude Apatow 109 Min. FSK ab 16

Ein eindrucksvoller, gewaltiger, aber nicht stumpf gewalttätiger Film: Sam, der Sohn von Barry „Rainman“ Levinson, macht sich mit grellen Bildern und einer im Finale trashigen Story Gedanken über den Umgang mit privaten Daten im digitalen Salem.

Erst hält Lily ihrem Highschool-Direktor einen Vortrag: Ein Nacktfoto mit klugem theoretischem Unterbau kann angesichts kann angesichts von Millionen unbedachter Snapchats nicht für eine Maßregelung herhalten. Derweil wurden von einem anonymen Hacker bereits die Sex-Fotos vom Smartphone des heimlich schwulen Bürgermeisters geleakt. Bald wird der harmlose SMS-Dialog des Direktors mit seiner Frau veröffentlicht und auf dem Account eines Familienvaters finden sich sehr sexy Bilder Lilys.

Als die Daten der Smartphones von 17.000 Menschen veröffentlicht wurden, bricht in Salem die Gewalt aus. Muskelbepackte Erbsenhirne starten die neue Hexenjagd, notgeile Biedermänner und auch Polizisten machen sofort mit. Völlig verständnislose Eltern werfen Lily aus dem Haus. Aber in höchster Not machen die vier Highschool-Frauen mit Säbel und Maschinengewehr auf weibliche Ermächtigung im „Kill Bill“-Stil. Nur mit roten Lackmänteln anstelle des gelben Dresses von Uma Thurman. Zu einem Song von Anohni entsteht eine neue Frauen-Bewegung und Salem steht vor dem Bürgerkrieg.

„Assassination Nation“ ist im zweiten Teil blutig und wild. Aber anders als billige Gewalt-Orgien dank toller Inszenierung und guter Figurenzeichnung vor allem inhaltlich kohärent schockierend. Mit avanciertem Look samt Splitscreen und Musikvideo-Stil ist das heftig diskutierte Werk von Sam Levinson („The Wizard of Lies“; „Another Happy Day“) ein sehr wichtiges Statement gegen eine pervers prüde Gesellschaft, die harmlose Nackt-Fotos von den eigenen Kindern als Verbrechen ansieht. Kluge Gedanken zur Nacktheit in den Medien, speziell den Sozialen Medien, machen „Assassination Nation“ zu einem „Uhrwerk Orange“ von heute, eher als zu einer Neuauflage von Arthur Millers Theaterstück „Hexenjagd“ über die realen Vorfälle im Salem des Jahres 1692. Hängen bleibt letztlich ein visuell und formal eindrucksvolles Manifest gegen scheinheilige Selbstgerechtigkeit der puritanischen Gesellschaft und die Zurichtung devoter Weibchen.


Ein FILMtabs.de Artikel