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Shut Up And Play The Piano

Deutschland/Großbritannien 2018, Regie: Philipp Jedicke, 82 min

Wer ist Chilly Gonzales und – wie viele? Punk und Pianist, Provokateur und Popstar: An »Gonzo« scheiden sich die Geister. Und das ist absolutes Kalkül, wie er gleich zu Beginn der dokumentarischen Biographie von Philipp Jedicke proklamiert. Chilly will gleichermaßen geliebt und gehasst werden und das gelingt ihm seit fast zwei Jahrzehnten mit großem Erfolg. Mit »Shut Up and Play the Piano« wirft nun erstmals ein Dokumentarfilm einen Blick in die Vita des musikalischen Genies. Aufgewachsen als Sohn eines erfolgreichen kanadischen Baumagnaten lernte Jason Charles Beck, so sein bürgerlicher Name, bereits mit drei Jahren das Klavierspielen von seinem Großvater. Genau wie sein Bruder Christophe, heute angesehener Filmkomponist (aktuell mit »Ant-Man and the Wasp« im Kino), mit dem er immer in gesunder Konkurrenz stand. Im Gegensatz zu seinem Bruder lehnte es Jason ab, als konventioneller Komponist Karriere zu machen. Er wollte lieber Kunst schaffen und Underground bleiben. Dazu bot sich ihm Ende der Neunziger in Berlin die perfekte Bühne. Mit Peaches machte er die Clubs der Hauptstadt unsicher und entdeckte seine Liebe zum Rap. Mit Leslie Feist kehrte er zur klassischen Komposition zurück und begeisterte auch Musikkenner, die von seiner expressiven Art abgeschreckt waren, mit seinen Alben »Solo Piano I und II«. Ein so versatiler Künstler ist schwer in einen konventionellen Kinofilm zu packen. Deshalb ist auch der Film eine wilde Mischung aus Interviews, meist im Gespräch mit Schriftstellerin Sybille Berg, Bühnenshows aus allen Richtungswechseln und Performances, die mal funktionieren, mal nach hinten losgehen. Regisseur Jedicke lebte selbst eine Zeitlang in Kanada und Frankreich und findet einen ehrlichen Zugang zum musikalischen Genie, denn: Man mag vom Auftreten Chilly Gonzales‘ halten, was man will, wenn er einmal am Piano sitzt, ist er an Kreativität kaum zu überbieten.


Ein FILMtabs.de Artikel