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In den Gängen

BRD 2018 Regie: Thomas Stuber mit Franz Rogowski, Sandra Hüller, Peter Kurth, 120 Min. FSK ab 12

Der Gabelstapler tanzt durch die Gänge des Großmarkts. Vorbei an den Süßwaren, der Tiefkühlkost, den Getränken und Haushaltswaren – Abteilungen, in denen wir uns heimisch fühlen, wenn das Meer rauscht und der Abspann über die Leinwand flimmert. Der Markt ist der Hauptdarsteller von Thomas Stubers Adaption einer Kurzgeschichte von Clemens Meyer. 2010 erschien »In den Gängen« als Teil des Bandes »Die Nacht, die Lichter« und Stuber verliebte sich gleich in die Figuren. So entstand nach ihrer ersten Zusammenarbeit »Von Hunden und Pferden« und der Arbeit am Originaldrehbuch zu »Herbert« nun das langgehegte Wunschprojekt.

Wir erfahren den Mikrokosmos durch die Augen von Christian. Der Neue landet bei Bruno von den Getränken und wird in die Geheimnisse des Großmarkts eingeweiht. Wenn die beiden mal wieder draußen an der Rampe stehen und »15« machen, lernt Christian die eigene Sprache, die Macken und Marotten der Individuen kennen. Und Marion von den Süßwaren, die Christian mit einem Lächeln begegnet und herzlich und offen in die Familie aufnimmt, während der Neue die Zähne kaum auseinander bekommt. Doch hinter den täglichen Begegnungen im Markt stecken Schicksale, von denen hier und da nur hinter vorgehaltener Hand erzählt wird.

Auch Christian ist ein versiegeltes Buch vergangener Geschichten, wenn wir ihn kennenlernen. Erst wenn seine Saufkumpanen von früher an seiner neuen Arbeitsstätte auftauchen, bekommen wir einen Eindruck davon, wie sein Leben ausgesehen haben muss, bevor er im Markt ein neues begann. Die Leerstellen, die Clemens Meyer in seinen Geschichten bewusst setzt und Stuber für den Film nur mit dem Nötigsten füllt, machen den Reiz von »In den Gängen« aus. Vieles bleibt Unausgesprochen und doch klar. Gerade so, wie wir Menschen eben auch nicht alles ausformulieren, was uns bewegt.

Die Reduktion ist eine der Stärken von »In den Gängen«. Trotz der zwei Stunden Laufzeit sind die Dialoge konzentriert. Das Kameraauge von Peter Matjasko (»Herbert«) streift oft durch die Gänge, um den Raum zu erfassen: Die Umkleide mit seinen täglichen Ritualen, den Aufenthaltsraum mit der Südsee-Tapete – all das wirkt so vertraut als wären wir selbst Teil der Nachtschichten. Franz Rogowski formt die Figur des Christian mit seiner Körpersprache. Peter Kurth ist die gute Seele Bruno, Sandra Hüller die warmherzige, aber unerreichbare Marion. Das sind aber nur drei der Figuren in einem Ensemble von Charakteren, die einem ans Herz wachsen und es so schnell nicht wieder hergeben.


Ein FILMtabs.de Artikel