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Madame Aurora und der Duft von Frühling

Frankreich 2017 (Aurore) Regie: Blandine Lenoir mit Agnès Jaoui, Thibault de Montalembert, Pascale Arbillot, Sarah Suco 89 Min. FSK ab 0

Ab 50 geht es bergab, meint ihr Arzt, und die Schiebetüre fängt schon damit an, Aurore (die großartige Agnès Jaoui) nicht wahrzunehmen. Die lebenslustige Frau steht in der Mitte des Lebens … oder vielleicht irgendwo etwas später. Beim neuen Job in der Kneipe bekommt sie einen albernen „Künstlernamen“, ihre ältere Tochter ist schwanger, während die jüngere noch zuhause wohnt und dort lauten Sex hat. Aurore hingegen hat nur ihre Wechseljahre. (Sie heißt übrigens tatsächlich Aurore und nicht Samantha, wie sie der Chef umtauft, oder Aurora, wie es der deutsche Verleih macht.)

Wechseljahre und schwangere Tochter, das heißt doppelt hormon-geladene Abrechnungen. Und auch die Bilanz des typisch weiblichen Arbeitslebens ist nicht prickelnd, wie eine feministisch ausrastende Beraterin des Arbeitsamtes der bald Arbeitslosen deutlich macht. Und dann gibt es da die Kollegin, die minutenlang nur mit Satzanfängen redet.

„Madame Aurora“ begeistert herzlich mit reihenweise Knaller-Szenen, die von der einnehmenden Geschichte Aurores zusammengehalten werden. Zwischendurch fallen auch mal scharf analysierende Sätze, wie im Gespräch von Putzfrau (ehemals Bauingenieurin) zu Putzfrau (ehemals Kellnerin): „Ihr Weißen lernt die Diskriminierung erst im Alter kennen“.

Doch dieser wunderbare Film vollbringt das Kunststück leicht und gleichzeitig echt zu sein. Er hat einen sehr schönen, feinen Humor. Wie beim unausweichlichen Flirt, der mit dem Jugendfreund ausbricht … während dieser als Gynäkologe ihre schwangere Tochter untersucht. Aurores Freundin macht zwischendurch einem Wildfremden, der mit einer viel jüngeren Frau promeniert, eine herrliche Szene. Und ein stilvolles Date mit lauten Opern-Sängern zwischen den Restaurant-Tischen verläuft wegen der Sanges-Lautstärke teilweise in Zeichensprache. Dass es trotzdem schön romantisch wird, zeigt das Gelingen der Inszenierung von Regisseurin und Ko-Autorin Blandine Lenoir („Zouzou“). Mehr noch: Die vielen wunderbaren, komischen, rührenden Szenen werden stellenweise von solchen traumhaften Momenten des Lebens und fürs Leben übertroffen, wegen denen man doch ins Kino geht.


Ein FILMtabs.de Artikel