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Im Zweifel glücklich

USA 2017 (Brad’s Status) Regie: Mike White mit Ben Stiller, Austin Abrams, Michael Sheen, Luke Wilson 102 Min. FSK ab 0

Wenn der Vater mit dem Sohne … war das mit Heinz Rühmann in den Fünfzigern noch Rührung wegen verstorbener Mutter. Nun, die 10er Jahre in den USA, ist Muttern auch abwesend. Weil sie erfolgreich arbeitet. Doch eigentlich ist für Vater Brad (Ben Stiller) eigentlich alles egal, was außerhalb seiner Midlife-Crisis passiert. Die hervorragend gemachte und gespielte Depri-Komödie trifft ein bestimmtes Gefühl im Kern. Nur betrifft das nicht allzu viele Um-die-50er-Väter…

Brad verbringt seine Nächte mit den alten Freunden. Also, er liegt schlaflos neben seiner Frau im Bett und bewundert auf Facebook, was aus all den Kumpeln geworden ist, die ihn längst nicht mehr zu Geburtstagen und Hochzeiten einladen. Freunde, die ein Luxusleben führen, die regelmäßig im Fernsehen auftreten und immer mindestens Business-Class fliegen, wenn nicht gleich mit dem eigenen Flieger. Brad hingegen, der beruflich Gelder für gute Zwecke sammelt, fragt schon mal verfrüht nach, ob sie denn das Haus der Schwiegereltern erben würden.

So geht es mit dem Sohn Troy (Austin Abrams) per Flieger an die Ostküste, um mögliche Colleges zu besichtigen. Ein spontanes Upgrade zur Feier des Tages wäre zwar unverschämt teuer, doch das Spar-Ticket von Brad lässt sich überhaupt nicht upgraden! Ein neuerlicher Dämpfer für den frustrierten weißen Mittelklasse-Mann mittleren Alters.

Dabei verpasst Brad nicht nur seinen entspannten Sohn direkt neben sich, der Einladungen von Elite-Unis hat. Der Alte projiziert sogar sein Minderwertigkeitsbewusstsein auf den Junior und startet eine peinliche Aktion, um einen Termin-Fehler des Sohnes auszubügeln. Ist das noch Midlife-Crisis oder schon was richtig Ernstes?

Wie sich Brad das Leben seiner ehemaligen Freunde vorstellt, ist pure Karikatur, wenn ein extrem reicher Ruheständler mit seinen zwei Frauen und einer neuen Geschäftsidee auf Hawaii noch reicher wird. Man merkt, dass diese Perspektive mit Vorsicht zu genießen ist, weil es die um sich selbst rotierende Innenperspektive eines Zweiflers mit großem Neid und Eifersucht auf die ganze Welt ist. Was sich als Innenleben logischerweise meist über die Tonspur erklärt.

Ben Stiller, der meist als Schauspieler, aber auch als Regisseur laut und leise kann, ist hier nur ganz am Rande tragischer Clown. Der täuschende Titel „Im Zweifel glücklich“ zeigt ganz ernsthaft einen zweifelsohne unglücklichen Mann, der im Wechselbad der Gefühle auch mal stolz auf seinen sehr gut geratenen Sohn ist. Um ihn sich gleich darauf als gescheiterten Straßenmusiker vorzustellen.

Wie in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ und „Gefühlt Mitte Zwanzig“ spielt Ben Stiller ausgezeichnet mit leisen Tönen – diesmal den Familienvater in der Krise. Der so sehr mit den eigenen Zweifeln beschäftigt ist und um sich selbst kreist, dass er verpasst, was mit den Menschen um ihn herum passiert. Das hat kein atemberaubendes Tempo, keine Effekte oder große Ãœberraschungen – was positiv zu bewerten ist. Schlüssig in Handlung und Stimmung haben Stiller und der stille Film etwas zu sagen.


Ein FILMtabs.de Artikel