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Die Sch’tis in Paris

Frankreich 2018 (Une jolie ch’tite famille) Regie: Dany Boon mit Dany Boon, Laurence Arné, Line Renaud, Pierre Richard 107 Min. FSK ab 0

Lachen Sie gerne über Menschen, die anders sind? Lachen sie gerne über Menschen, die deutlich Dialekt sprechen? Dann sind Sie hier richtig! Zehn Jahre nach der Klamotte „Willkommen bei den Sch’tis“ kehren die Proleten aus dem Norden Frankreichs als Sprachwitz der übelsten Sorte zurück. Dany Boon blamiert sich sowohl als Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller.

Der arrogante Möbeldesigner Valentin D. (Dany Boon) und seine Frau Constance Brandt (Laurence Arné) sind Pariser Stars im Kreieren vom „Sinn der Leere“, vom „Luxus’ des Nichts“. Ganz konkret sind das dreibeinige Stühle zum Genickbrechen, absurde Möbel und Innenausstattungen zum Davonlaufen. Das zitiert Jacques Tatis „Mon Oncle“ und schafft in dieser Humor-Ödnis die einzigen raffinierten Scherze. Denn ansonsten dreht sich alles darum, dass Valentin selbstverständlich kein Waise ist, sondern ein „Sch’ti“ aus dem proletarischen Nord-Frankreich, also schon fast Flandern, der seine Herkunft aus dem Arbeitermilieu verleugnet. Zum 80. Geburtstag der Mutter (Line Renaud) fällt die Sippe in Paris und genau in die schicke Werkschau Valentins ein. Sein Bruder Gustave (Guy Lecluyse) und die Schwägerin Louloute (Valérie Bonneton) wollen Geld schnorren, die Mutter nach Jahrzehnten den Sohn wiedersehen.

Schon in den ersten Minuten ist klar, dass der verlorene Sohn sich letztendlich zu seinen Wurzeln bekennen wird. Aber erst nach einer Stunde bricht das erwartete Chaos aus, das sich für so eine Komödie der Gegensätze gehört. Denn die angeblich unmögliche Familie wirkt relativ normal – bis auf diese (in der Synchronisation) völlig bescheuerte Idioten-Kunstsprache mit Hang zum Ostdeutschen. Auch Valentin verhält sich eigentlich nett und bemüht. Aber das Klavier auf der Tonspur macht auf Enttäuschung und Gefühl. Alles nur behauptet wie im Rest des Films. Ein auf auf dem dramaturgischen Tiefpunkt eingeschobener Unfall mit Hirntrauma für Danny Boon erklärt vieles an diesem furchtbaren Film und bringt eine kurze Klamauk-Auszeit, die mit sentimentalen Versatzstücken aufgefüllt wird. Valentin wandelt sich vom Schnösel zum infantilen Vollidioten, der die letzten „fünfunzwanschiss” Jahre vergessen hat. Die Schwägerin heißt jetzt wieder „Muschi“ und „Gott verdaulicher“ will man da nicht mit den Sch’tis fluchen, etwas Ohropax wäre jetzt nicht schlecht.

Proleten, die asozial am Rand der Gesellschaft leben, waren schon immer ein großer Kino-Spaß. Die Niederländer hatten in dieser Reihe die Familie „Flodder“. Aber dagegen sind diese Sch’tis brav und langweilig wie die umhäkelte Klopapierrolle auf der Hutablage von Oldtimern. Ganz nebenbei, trägt dieser dämliche Klamauk, dieses Herablachen auf die ganz Blöden nicht in seinem Kern Rassismus in die anscheinend harmlose Kino-Komödie?

Auf jeden Fall ist der Klamauk, wie das unfähige Einparken, so miserabel inszeniert, dass der Gag schon im Ansatz abgewürgt wird. Ein Scherz über moderne Pariser Männer-Mode mit ihren „eingelaufenen“ Hosen passt in die ach so sympathische Erscheinung, dass sich der beschränkte Geist mit flachem Witz gegen Moderne, Kultur und Entwicklung wehrt. Denn die ohne Bildung und Erfolg erweisen sich als die besseren Menschen – was draußen vor dem Kino nicht unbedingt zutrifft. Boon inszeniert sich wieder selbst, und das ist nicht „bonne”, „gare nichete gutte“.

Man merkt direkt, dass viele Wortspiele in der Synchronisation unübersetzbar bleiben. Der Rest ist selten dämlicher Humor, und selbst wenn man so etwas mit solchen bescheuerten Zutaten dreht, macht man es doch gefälligst mit gutem Timing. Hier kann man nur solidarisch einfältig ver- und vorurteilen: Die spinnen, die Franzosen.


Ein FILMtabs.de Artikel