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Licht

Österreich, BRD 2017 Regie: Barbara Albert mit Maria Dragus, Devid Striesow, Lukas Miko 97 Min. FSK ab 6

Wenn sie nur Stevie Wonder oder den am Piano summenden Glenn Gould gekannt hätten, die Eltern des 18-jährigen, blinden Klavier-Wunderkinds Maria Theresia Paradis. Aber sie hätten trotzdem an dem Mädchen rumgemeckert, das im Wien des Jahres 1777 der Gesellschaft vorgeführt wird. In feinen Stoffen stecken grobe Gestalten mit gemeinem Verhalten. Es ist eine harte und grausame Behandlung der eigenen Tochter, die wie ein Zirkusäffchen ganz vortrefflich am Klavier musiziert. Hämisch wird über die hässlichen und stinkenden Folgen der Heilungsversuche einiger Kurpfuscher getuschelt. Für einen neuen Versuch soll die im Alter von drei Jahren Erblindete zum umstrittenen Arzt Franz Anton Mesmer. Im offenen Haus der Mesmers, zwischen Rokoko und Aufklärung, im Kreise wundersamer Patienten und dem Stubenmädchen Agnes, gewinnt Maria Theresie tatsächlich langsam ihr Sehvermögen zurück. Und sie kann das erste Mal in ihrem Leben Freiheit spüren. Allerdings geht auch ihre musikalische Virtuosität verloren. Ein Problem für die Eltern, denn „wenn sie nichts kann, zählt sie nichts“!

Die sehr angesehene Autorin und Regisseurin Barbara Albert („Fallen“, „Böse Zellen“, „Nordrand“) basiert ihren Film über Maria Theresia Paradis (1759-1824) auf den Roman: „Am Anfang war die Nacht Musik“ von Alissa Walser. Dabei sind auch der sehr interessante Arzt Franz Anton Mesmer (1734-1815) und sein Heilverfahren vermittels „magnetischem Fluidum“ historisch verbürgt. Dies und die üppig schöne Ausstattung hinterlassen jedoch nie den Eindruck verstaubter Themen und Menschen. Sowohl von den Eltern Paradis als auch von Mesmer wird Maria Theresia gnadenlos vorgeführt. Und mit ihr der „Wert“ des Menschen. Während das Wunderkind von einer kaiserlichen „Gnadenpension“ abhängig ist, muss Mesmer um adelige Zuwendungen betteln. Da sind die Klicks bei Youtube oder die altmodischen Zuschauerzahlen nicht weit entfernt.

Barbara Alberts kluges Drehbuch, genaue Beobachtungen sowie eine exzellente Kamera sorgen immer wieder für interessante Szenen, wie die frische Wahrnehmung der Welt der Genesenden mit einem Kaspar Hauser-Effekt für neue Unterhaltung der Gesellschaft sorgt. Die Verbeugung von Mesmer und Joseph Anton „von“ Paradis, mit gegenseitiger Fixierung, damit sich keiner auch nur einen Millimeter zu sehr beugt, ist herrlich. Das „einfache“ Volk im Gesinde wird nicht übersehen. Und auch die Hauptdarstellerin beeindruckt: Maria Dragus legt nach ihrem starken Auftritt in „Tiger Girl“, „Das weiße Band“ und der Hauptrolle in „Tod einer Kadettin“ hier erneut eine eindrucksvolle Tour de force hin.


Ein FILMtabs.de Artikel