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Nur Gott kann mich richten

BRD 2017 Regie: Özgür Yildirim mit Moritz Bleibtreu, Edin Hasanovic, Kida Khodr Ramadan, Birgit Minichmayr, Peter Simonischek 99 Min.

Bleibtreu, Minichmayr, Simonischek – da tummeln sich die ganz großen Kaliber des deutschsprachigen Films (und ein paar populäre Gesichter wie Alexandra Maria Lara) in einem knalligen, harten und dreckigen Action-Werk, dessen mangelnde Raffinesse darin sichtbar wird, dass alle, wirklich alle Fluchtfahrzeuge in der falschen Richtung geparkt werden! Und so kann „Nur Gott kann mich richten“ immer wieder beeindrucken, nur um im nächsten Schuß(-Gegenschuß)-Wechsel unangenehm aufzufallen. Ein spannend zerrissener Film vom spannenden Regietalent Özgür Yildirim („Chiko“).

Am Anfang geht gleich alles schief: Der Raubzug beim bulligen russischen Auto-Gangster verläuft kläglich. Nur die Ballereien sind richtig – richtig laut und brutal. Am Ende der ersten Szene muss Ricky (Moritz Bleibtreu) für
fünf Jahren in den Knast. Sein kleiner, angeschossener Bruder Rafael (Edin Hasanovic), den er retten wollte, kam glimpflicher davon, will aber nichts mehr von Ricky wissen. Und dessen Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan), dem Ricky auch zur unerkannten Flucht verhalf, hat eine Shisha-Bar, die immer leer ist. Also nix mit der Idee Rickys, zusammen mit dem dementen Vater (Peter Simonischek) und dem Bruder am Mittelmeer eine neue Existenz aufzumachen. Außer … man würde noch einmal einen Raubzug machen. Latif hätte da ein todsicheres Angebot von ein paar freundlichen albanischen Gangstern.

Die selbstverständlich sehr humor- und gnadenlos reagieren, als die ganze, eigentlich abgekartete Sache grandios schief läuft. Der Fluchtwagen steht wie immer falschrum, aber es ist sein kaputtes Rücklicht, das die Polizistin Diana (Birgit Minichmayr) auf die Spur von Ricky und Rafael bringt. Da ihre Tochter dringend ein neues Herz braucht, versucht die brave Beamtin tatsächlich äußert unfähig, drei Kilo Koks für einen lächerlichen Preis zu verkaufen. Das alles muss an allen Fronten furchtbar gegen die Wand fahren. So wie es sich für ein dreckiges und blutiges Gangsterdrama gehört.

Ja, tatsächlich: Dieses türkische Gangster-Milieu mit seinem Slang und dem gefährlich bis albernen Macho-Gehabe ist schon sehr „abgedreht“. Aus der Serie „4 Blocks“ wurde gleich Kida Khodr Ramadan übernommen und Regisseur Özgür Yildirim versuchte sich schon vor Jahren mit „Chiko“ daran. Für ein paar Giganten des deutschen Films ist das eine kleine Übung. Bleibtreu beeindruckt, wirkt aber nicht wirklich gefordert. Minichmayr kann nicht wirklich gut rennen, aber selbst eine Rolle gut spielen, die vor Dummheit schreien müsste.

Dabei gibt es mächtig viel Stoff, nicht nur als Diebesgut, sondern auch im Drehbuch: Eine herzkranke Tochter, die Ärztin die in Organhandel macht, die bedrohte Liebe beim kleinen Bruder auf Bewährung, der ungeliebte Sohn und seine Opfer für den undankbaren Vater. Ein wenig zu zufällig stecken alle in Problemen und finanzieller Not. Doch beim Spiel von Räuber und Polizei zählt vor allem der dreckige Stil und die deftige Action. Das hat Regisseur Özgür Yildirim drauf. Er sollte nur mal den Drehbuchschreiber Özgür Yildirim feuern und jemand richtigen dafür einstellen. Dann käme die Sache mit dem Falschparken der Fluchtautos vielleicht auch in Ordnung.


Ein FILMtabs.de Artikel