« | Home | »

Der andere Liebhaber

Frankreich, Belgien 2017 (L’amant double) Regie: François Ozon Marine Vacth, Jérémie Renier, Jacqueline Bisset 108 Min. FSK: ab 16

Ein radikaler Haarschnitt, ein tiefer Blick in die Kamera zeigen, hier will jemand nicht mehr Modell sein. Noch ein radikaler Schnitt von einer Vagina auf Augen mit der gleichen Form, drücken vor allem provokanten Stilwillen aus, was den Reiz und die Krux des interessanten neuen Films von François Ozon („Frantz“, „Swimming Pool“) kennmerkt.

Nicht nur die Preisgabe der Persönlichkeit von Chloé (Marine Vacth) in wenigen Sätzen, auch die Bildkompositionen der Gespräche beim Psychiater Paul (Jérémie Renier) sind äußerst spannend, ebenso die Bilder und Installationen ihrer Arbeitsstätte, einem Museum. Doch Chloés psychosomatische Probleme scheinen schon vor Heimat mit Paul gelöst. Bis sie ihren Mann, der eigentlich woanders sein sollte, mit einer anderen Frau sieht. Der Doppelgänger erweist sich als verschwiegener Zwillingsbruder und ebenfalls Therapeut. Ist der eine verständnisvoll zurückhaltend, tritt der andere unverschämt deutlich auf und beginnt eine sexuell heftige Affäre mit der Schwägerin. Viele Spiegelungen Chloés weisen früh auf Schizophrenie hin … nur bei wem?

François Ozon spielt in seiner schön gefilmten Cronenberg-Variation eifrig mit den Elementen von Psycho- und
Erotik-Thriller. Es geht um erwünschte Kinder, unerwünschte Zwillinge. Der Haarschnitt ist wie bei „Rosmaries Baby“ und auch die Nachbarin wirkt seltsam. Doch Ozon löst falsche Spuren bald auf – man darf und soll sich darauf konzentrieren, wie er den Wahn inszeniert. So wie Chloé eingerahmt von faszinierender Kunst als Museumswärterin Besucher beobachtet, bestaunen wir menschliche Irrungen in feinster Inszenierung. Mitreißend ist die Form, die Figuren lassen eher kalt.


Ein FILMtabs.de Artikel