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Lieber leben

Frankreich 2016 (Patients) Regie: Grand Corps Malade, Mehdi Idir mit Pablo Pauly, Soufiane Guerrab, Moussa Mansaly, Nailia Harzoune 112 Min. FSK: ab 6

Die erste Minuten des Films blicken wir durch Benjamins Augen. Der junge Mann wird ins Krankenhaus eingeliefert. Ärzte, eine Operation, 245 Quadrate in der Deckenlampe – bis Benjamin wieder vollends zu sich kommt, vergeht eine Weile. Das Wie und Warum ist nicht entscheidend – eine Dummheit hat ihn hierher gebracht, wie Benjamin es später beiläufig abtun wird. Doch diese Dummheit veränderte sein Leben. Nun ist er nahezu vollständig gelähmt und landet in einem Rehabilitationszentrum. Der aktive Basketballspieler ist fest entschlossen, dass bald alles wieder sein wird wie vorher. So lässt er die täglichen Strapazen ebenso über sich ergehen wie das eigenwillige Personal. Hilfe geben ihm die Mitinsassen, die alle ihre eigene Geschichte mitbringen und ihr Schicksal mit Ironie überspielen. Auch Samia, die sein Interesse bei den täglichen Sportübungen weckt. Die Fortschritte kommen langsam. Ein Rollstuhl bedeutet Freiheit, eine Schwelle kann ein unüberwindbares Hindernis sein. »Lieber leben« macht auf eindringliche Weise klar, wie die Welt im Blickwinkel eines körperlich behinderten Menschen aussieht. Wenn der Körper nicht mehr gehorcht, sind wir abhängig von Anderen. Wenn der Übergang vom Bett zum Rollstuhl misslingt, liegt man hilflos am Boden. Das Drehbuch beschönigt nichts, das ist die große Stärke des Films. Zu verdanken ist das Fabien Marsaud, der nach seinem Unfall eine ähnliche Selbstfindung durchlitt, bevor er seine Erlebnisse selbstironisch als »Grand Corps Malade« (großer kranker Körper) in Rap-Texten und Poetry Slam zum Ausdruck brachte und damit in Frankreich Erfolge feierte. Mit Mehdi Idir, der mit Hip-Hop-Tanzvideos bekannt wurde, setzte Marsaud seine Geschichte nun für die Leinwand um. Der authentische Blick und die Leistung des Hauptdarstellers Pablo Pauly (»Mit ganzer Kraft«) berühren, die etwas gezwungen wirkende Liebesgeschichte hingegen ist entbehrlich.


Ein FILMtabs.de Artikel