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Leaning into the Wind – Andy Goldsworthy

Großbritannien, BRD 2016 Regie: Thomas Riedelsheimer 97 Min. FSK: ab 0

Bereits in seinem wunderbaren „Rivers & Tides“ begleitete Thomas Riedelsheimer den in Schottland lebenden und arbeitenden Land art-Künstler Andy Goldsworthy über mehrere Jahre hinweg mit seiner Kamera. Mittlerweile ist Goldsworthy weltberühmt, die Kunstbücher seiner sehr vergänglichen Installationen findet man überall. Und Riedelsheimer zeigt in einem wieder sehr schönen Dokumentarfilm eine neue Phase dieses Schaffens: Es ist erneut das besondere Auge des einfachen, bescheidenen Goldsworthy, der besondere Strukturen, Farben und Materialien in der Natur findet und spielerisch für filigrane Arrangements gestaltet. Und der Kampf mit den Elementen, etwa die „Verkleidung“ dunkler Steine mit gelben, nassen Blättern, die vom Wind verweht wird. Oder ein poetische Geschichte von Findlingen, die mit den Gletschern in ihre neue Heimat reisten. Die stellen allerdings direkt eine neue Dimension der Arbeiten von Goldsworthy dar: Er schildert seine Faszination für tote, umgefallene Bäume, aber man sieht ihn tatsächlich mittlerweile mehr in Städten. Zudem kommen Kräne und Kreissägen ins Bild, die Arbeiten wurden aufwändiger, benötigen helfende Hände.

„Leaning into the Wind“ reflektiert Leben und Arbeit, unerwartete Ereignisse lösen die Klarheit seiner Werke auf. Der vertraute Umgang mit dem Regisseur führt zu entspannten, sehr offenen Aussagen etwa über den Ursprung seines Arbeitens in der Landwirtschaft und gewährt auch Momente des Scheiterns. Die Zusammenarbeit Goldsworthys mit seiner Tochter Holly gibt der Kunst und der Person eine neue Dimension.

Aus ganz simplen und trotzdem tollen Ideen, sich immer wieder vor einem Regen auf einen Bürgersteig zu legen und beim Aufstehen seine trockne Silhouette zu hinterlassen, entsteht eine seiner betörend schönen Naturkunstwerke, „Sleeping stone“. Ein aus Stein geschnittener Leerraum einer Person (Goldsworthy), die in rauer Landschaft schläft. Das wird kongenial begleitet durch die Filmideen von Riedelsheimer, sie haben beiden den gleichen spielerischen Witz in der Inszenierung, wenn etwa die Schafe den Aufbau einer weißen Decke in schlammig grüne Weide beobachten, die sie – die Schafe – später mit ihren verdreckten Hufen zu einem Kunstwerk machen. Das ist alles nämlich auch immer wieder umwerfend komisch (den Abspann bitte nicht übersehen!) und damit weit entfernt von „hoher Kunst“. Zur Vollendung dieser sehr intimen Annäherung an diesen einzigartigen Künstler stammt die Musik wieder – sehr dezent – von Fred Frith, über den Riedelsheimer ja auch ein unglaublich passendes Filmporträt („Step across the border“) gemacht hat. Gerade das Vergängliche und das genial-verrückt Spontane in Goldsworthys Kunst, macht diesen Film zu einem Glücksfall, lässt spüren, dass Film einzig und allein für solche Momente gemacht ist.


Ein FILMtabs.de Artikel