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Suburbicon

USA, Großbritannien 2017 Regie: George Clooney mit Matt Damon, Julianne Moore, Noah Jupe, Oscar Isaac 106 Min. FSK: ab 16

Wie wäre es, wenn George Clooney mal nicht für die Coen–Brüder als Star vor der Kamera steht, sondern mit ihnen zusammen einen Film dreht? „Sububicon“ ist dieser sagenhaft spannende, politisch hochaktuelle Film. Zudem kann man sich begeistert anschauen, wie es gewesen wäre, wenn Hitchcock „Fargo“ gedreht hätte.

Dem Postboten entgleist das festgeklebte Grinsen, die Nachbarn starren unverhohlen und fahren gegen die nächste Laterne. Eine schwarze Familie zieht in den weißen, protestantischen Vorort ein. Wir befinden uns nicht im interkulturell zurückgebliebenen Sachsen, sondern in den USA des Jahres 1959. Nicht mal eine Viertelstunde braucht der Erfolgs-Regisseur George Clooney, um unglaublich dicht zwei Verbrechen und ein innerfamiliäres Drama um eine gelähmte Frau aufzuziehen. Denn direkt neben der ersten und einzigen schwarzen Familie der Siedlung, die wie in Hoyerswerda zunehmend bedrohlicher vom weißen Mob belagert wird, muss der Junge Nicky (Noah Jupe) miterleben, wie Einbrecher seine Mutter umgebringen. Ein Verbrechen, dass mächtig stinkt. Nicht nur nach dem Chloroform, von dem Rose zu viel einatmen musste. Denn Papa Gardner Lodge (Matt Damon) scheint nun mit Mamas Schwester Margaret Lodge (Julianne Moore in einer Doppelrolle) viel glücklicher zu sein.

Regisseur George Clooney („Monuments Men“, „The Ides of March“, „Good Night, and Good Luck“) macht die klügsten politischen Filme unserer Zeit. Nun pflanzt er zwei parallele Verbrechen in eine Bilderbuch-Siedlung, die Schmelztiegel nur für weiße WASP-Abarten aus vielen US-Staaten sein will. Dass Clooney mit seinen regelmäßigen Regisseuren Joel und Ethan Coen („Fargo“, „No Country for Old Men“, „Hail, Caesar!“) das Drehbuch schrieb, sorgt für den herrlich schwarzen, bitterbösen Touch. Denn während wir mit dem hellwachen Nicky um dessen Leben bangen, wächst wie bei „Fargo“ dem gierigen kleinen Mann die Dynamik seines Verbrechens über den Kopf. Wieder einmal eine Musterrolle für Matt Damon, der dem komischen Krimi eine schauerliche Tiefe gibt.

Das wird bis zum irren Finale unheimlich spannend. Hitchcock fällt einem auch ohne das schöne Vertigo-Zitat durch die erblondende Julianne Moore ein. Allerdings Hitchcock mit einer politischen Agenda: Clooney geht immer gerne zurück in die Vergangenheit, um das Heute exakt zu kritisieren. Parallel zum Verbrechen der hässlichen, gierigen und dummen Weißen zeigt sich der Pöbel vor dem Haus der schwarzen Nachbarn als Abbild heutiger Fremdenfeindlichkeit. Das ist bei all der exzellenten und in Details (wie der TV-Fernbedienung mit Taschenlampe) wunderbar genießbaren historischen Kulisse hochaktuell. „Wir begrüßen die Rassenintegration, aber …“ Dieses berühmte, entlarvende „aber“ von AfD und Genossen erweist sich als ebenso universell wie der Zaun als Schutz vor den „Anderen“.

Wenn Hitchcock „Fargo“ mit großem Thriller-Orchester gedreht hätte und auch noch eine politische Agenda gehabt hätte, es wäre nicht besser ausgefallen wie in dieser genialen Zusammenarbeit von Regisseur George Clooney mit Joel und Ethan Coen. Dass sie bei allem Horrenden noch ein positives, hoffnungsvolles Schlussbild finden, ist die Krönung eines engagierten Filmvergnügens.


Ein FILMtabs.de Artikel