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Simpel

BRD 2017 Regie: Markus Goller mit David Kross, Frederick Lau, Emilia Schüle, Devid Striesow 113 Min. FSK: ab 6

Simpel gesagt ist „Simpel“ eine extrem aufdringliche Heulsuse. Also der Film „Simpel“, nicht die geistig behinderte Hauptfigur namens Simpel, die mit dem fürsorglichen Bruder für schön fotografierte Rührung von der Stange sorgt.

Ein Sirtaki im Watt, aus dem Ben (Frederick Lau) seinen geistig behinderten Bruder Simpel (David Kross) immer retten muss, zum Auftakt. Dann stirbt die krebskranke Mutter und der schon seit Jahren verschwundene Vater will sich nicht um das nur körperlich erwachsene Problemkind Simpel kümmern. Ben bringt es nicht übers Herz, den Bruder in einem Heim zu sehen und deswegen hauen sie gemeinsam ab. Direkt mit dem Polizei-Bulli, aus dem der Beamte der Fürsorge während der Fahrt geschmissen wird. Eine Odyssee zum Vater nach München beginnt. Der Autoverkäufer (Devid Striesow) freut sich, den gesunden Sohn wiederzusehen, will mit Simpel aber nichts zu tun haben.

Selbstverständlich stolpert der überforderte Ben von einer unmöglichen Situation ins nächste Problem. Und trifft auf die Ärztin Aria (Emilia Schüle), die sehr lässig aushilft. Hier finden sich zwei, deren Lebensweisen komplett gegensätzlich sind. Die nur berufliche, einsame, gänzlich unabhängige Heilerin und der selber sozial zurückgebliebene Ben, der sich sein ganzes Leben lang um seinen Bruder gekümmert hat.

„Simpel“, Verfilmung von Marie-Aude Murails gleichnamigem Roman und Remake eines französischen TV-Films, ist der perfekte deutsche Film, mit dem man und frau sich die Tränenkanäle durchspülen kann. Da er die Tragik ausgespielt, bis die letzte Tränendrüse überläuft wird, kann er zudem den Blutdruck hochtreiben mit viel Ärger über die simple Ausnutzung der emotionalen Klaviatur. Nie scheinen die Figuren ihren inneren Antrieben zu folgen, immer allein einem abgedroschenen Drehbuch-Standard. Bis zu extrem unfähigen Polizisten dient alles dem Drama. Mit Inbrunst geklampfte Popsongs und Weichspül-Gedudel wie Ben Howards „Keep your head up“ halten die Stimmung auf hohem sentimentalen Niveau. Das ist dann doch arg simpel – aber auf jeden Fall rührend.

Allerdings auch richtig gut gespielt: David Kross („Die Vermessung der Welt“, „Der Vorleser“) ist als Simpel kaum wiederzuerkennen. Jungstar Frederick Lau („Victoria“, „Traumfrauen“) zeigt seine ganz weiche Seite. Emilia Schüle („High Society“, „Mann tut was Mann kann“) erfüllt als schöne Aria alle Erwartungen an ihr Können, überrascht jedoch nicht. Den Vater David gibt Devid Striesow („Ich bin dann mal weg“) gekonnt widerlich. In seinen besten Momenten zeigt das wohl kalkulierte Rührstück, dass die Situation von Ben komplexer ist, als es im Film weitergeht.


Ein FILMtabs.de Artikel