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Maudie

Kanada, Irland 2016 Regie: Aisling Walsh mit Ethan Hawke, Sally Hawkins, Kari Matchett 116 Min. FSK: ab 12

„Maudie“ ist Künstlerporträt, ist Biopic und lässt doch alle Klischees der Gattung weit hinter sich: Die Geschichte der kanadischen „Folk-Art-Künstlerin“ Maud Lewis (1903-1970) beginnt trist im Haus ihrer Tante, wo die junge Frau „abgestellt“ wurde. Als Kind an rheumatischer Arthritis erkrankt, wirkt sie zerbrechlich, humpelt und ihre Hände sind verkrüppelt. Man traut ihr nichts zu und so nutzt Maud (Sally Hawkins) die erste Gelegenheit, von ihrer grausamen Familie wegzukommen. Die Gelegenheit bietet sich in Form des polternden, groben Klotzes Everett Lewis (Ethan Hawke), der für seine schäbige Hüte eine Haushälterin sucht. Nun ist Maud überhaupt nicht als Haushaltshilfe geeignet, aber Everett gleichermaßen nicht fürs Zusammenleben. Trotzdem zieht sie bei ihm ein, schleppt den schweren Kochtopf mit krummen Händen und geht mit ihren krüppeligen Füßen den weiten Weg aus der Einöde zum kleinen Laden des Kaffs.

Es wäre untertrieben, Everett als sehr einfach gestrickten Mann zu beschreiben, der viel Mühe hat, mit ausgerechnet dieser Frau zurecht zu kommen. Aber in besonders schwierigen Momenten beginnt Maud zu malen: Auf der Wand, den Möbeln und auf kleinen Zetteln. Sie bringt auch seinen kleinen Fischhandel in Ordnung. Dabei bekommt sie allerdings bald mehr Aufmerksamkeit und Geld für die selbst gemalten Karten, die als Quittung herhalten. Sie beginnen, die Bilder zuhause auszustellen und zu verkaufen. Die bunten Zeichnungen aus Tier- und Pflanzenwelt werden ein großer Erfolg, sogar Präsident Nixon will eine, bekommt sie aber nur, wenn er zahlt. Da sind sich die beiden Käuze einig!

Heute ist Maud Lewis als Folk Art Künstlerin anerkannt, ihre Gemälde hängen in zahlreichen Kunstsammlungen. Doch in „Maudie“ bleibt diese Erfolgsgeschichte beiläufig. Dies ist ein wunderbarer Liebesfilm der besonderen Art. Vor allem Everett ist verschroben in einer Weise, die richtig komisch wäre, wenn man nicht mit ihm leben müsste. Wie er allerdings betont, dass sie rausfliegt, wenn sie ihren Haushaltsjob nicht mehr macht, und dann selbst zum Besen greift, damit sie mehr Zeit zum Malen ihrer einträglichen Bilder hat, ist schon fast liebevoll. Er bleibt ein sehr grober Idiot und sie liebt ihn weiterhin. So kommt es auch in einer Mischung aus Pragmatismus und spröder Zuneigung sogar zur Hochzeit.

„Maudie“ zeigt dieses Glück sehr schön, spielt zwischendurch die passend raue Landschaft und das Wetter an Kanadas Ostküste aus. Dazu gibt es sehr schön passende Folk-Musik. Aber der Film gewinnt einen vor allem über die Darstellung Mauds durch Sally Hawkins, die fast wieder ihren unerschütterlichen Poppy-Charakter aus „Happy-Go-Lucky“ (2007) aufnimmt. Ein reiner Sonnenschein – so wie bei ihren Bildern ist die einfache Fröhlichkeit keineswegs naiv, sie kommt aus tiefem Herzen. Was einen kleinen Glücks-Film mit viel leisem Humor ergibt. Ethan Hawke ist in der assistierenden Hauptrolle so groß, dass er einige Filmpreise erhalten sollte. Da wird am Ende jeder tief gerührt in den Kinosesseln versunken sein, trotzdem der Hinweis, es gibt im Abspann noch ein paar wunderbare Originalbilder.


Ein FILMtabs.de Artikel