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Vorwärts immer!

D 2017 R: Franziska Meletzky, D: Josefine Preuß, Marc Benjamin, Devid Striesow, 98 min

1989: ein Schicksalsjahr – nicht nur für das Land, in dem Anne (Josefine Preuß) lebt, sondern auch für sie. Ihr Verhältnis zur DDR ist gespalten. Ihre Mutter wurde vor Jahren in den Westen abgeschoben, weil sie für Wolf Biermann auf die Straße ging. Ihr Vater ist ein Duckmäuser, der um seine Anstellung am Ost-Berliner Theater bangt. So bekommt er auch nicht mit, dass Anne schwanger ist. Er weiß noch nicht einmal, dass das Kind von Matti (Marc Benjamin) ist – ausgerechnet dem Sohn seines Erzfeinds Harry (Devid Striesow) am Theater. Matti reagiert nicht gerade euphorisch, als er es von Anne erfährt. Also steht ihr Entschluss fest: sie will rübermachen in den Westen zu ihrer Mutter, zur Not allein. Ihr Vater ist sowieso viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Otto Wolf (Jörg Schüttauf) ist Vollblut-Schauspieler. Gemeinsam mit seinen Kollegen plant er ein Stück über die scheidende DDR. Otto spielt Honecker und das so überzeugend, dass sich die Stasi an seine Fersen heftet, als sie ihn in voller Verkleidung vor dem Theater mit Anne in seinen Armen erblickt. Während seine Tochter auf dem Weg zur Demo nach Leipzig ist, um sich dort einen Pass für die Ausreise zu besorgen, versucht Otto sein Schauspieltalent dafür zu nutzen, den Einsatz von Panzern bei der Montagsdemo zu verhindern. Das Chaos ist vorprogrammiert in dieser recht launigen Verwechslungskomödie alter Schule. Das wunderbare Ensemble zeigt Spielfreude, allen voran Jörg Schüttauf („Berlin is in Germany“), der einen wahrhaft vortrefflichen „Honni“ gibt. Die Dekors sind voller Details, in denen sich jeder mit Ostbiographie sofort wiederfindet. Schließlich wuchs Regisseurin Franziska Meletzky („Nachbarinnen“) selbst in Leipzig auf. Sie verpasst ihrer Heimatstadt mit Hilfe der Technik eine authentische Zeitreise. Insgesamt wirkt der Spaß aber dann doch recht harmlos und unbeholfen.

Lars Tunçay


Ein FILMtabs.de Artikel