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Victoria & Abdul

Großbritannien, USA 2017 (Victoria and Abdul) Regie: Stephen Frears mit Judi Dench, Ali Fazal, Adeel Akhtar, Simon Callow, Michael Gambon, Eddie Izzard 106 Min.

Nach „The Queen“ lässt Frears nun „Queen Victoria“ menscheln und zeigt Judi Dench als schnarchende, schlürfende, keifende und einsame Königin, die beim Bankett mit hunderten Gästen vor dem Nachtisch einschläft. Die enge Beziehung mit dem naiven indischen Diener Abdul in den letzten Jahren vor ihrem Tod basiert auf einer wahren Geschichte, welche die Nachwelt nicht ganz auslöschen konnte.

Im frei erfundenen Ethno-Kostüm soll 1887 ein junger, aus Indien importierter Beamter der Thron-Jubilarin Victoria (Judi Dench) irgendeine Münze überreichen. Es kommt doch zu einem streng verbotenen Augenkontakt und die bislang völlig abwesende Monarchin empfindet den Fan aus Indien sehr gutaussehend. Bald ist Abdul Karim (Ali Fazal) ihr persönlicher Kammerdiener. Die Herrscherin, die schon über 50 Jahre auf dem Thron sitzt lebt auf, lernt begeistert seine Sprache und erfährt viel über Indien: Romantisches über das prächtige Mausoleum Taj Mahal, aber auch einiges über die Räubereien der britischen Soldaten in Indien. Die müde, alte Königin, die den Sinn ihres Handelns aus den Augen verloren hatte, wird vom Schreiber, Diener, Poeten und schließlich „Munshi“ Abdul, einem muslimischem Lehrmeister, neu belebt.

Diese besondere Beziehung wird vom Hofstaat beunruhigt beobachtet und belauscht. Vor allen von den eifersüchtigen Kammerdamen und -Herren, die Abdul den „braunen John Brown“ nennen. Denn nach dem Tod ihres Mannes wurde Victoria vom Schotten John Brown aufgemuntert. Doch die Intrigen schützen Abdul letztlich, weil sie auf die Hofschranzen zurückfallen, die herrlich ihre Contenance verlieren.

Ja, während Victoria und Abdul sehr menschlich werden aber immer würdevoll bleiben, erlaubt sich der Film auch viel Spaß. Beim Treffen mit Puccini, der nicht singen kann, revanchiert sich die Königin mit einem schiefen Liedchen von Gilbert und Sullivan. Kronprinz „Bertie“ muss dazu Piano spielen. Flott und leicht erzählt, spielen die Verdauungsprobleme der „Herrscherin über fast eine Milliarde Menschen“ eine wichtige Nebenrolle. Nur der Bericht des Premierministers über Unruhen in Suez, Problemen mit den Buren und die Annexion von Zululand erwähnt, was draußen in der Welt und im Namen Victorias passiert.

„Victoria & Abdul“ geht durchgehend spöttisch mit Pomp und erstarten Konventionen um, aber auch rücksichtsvoll mit den Menschen. Dabei bilden der naiv begeisterte Abdul und sein kritischer Begleiter Mohammed, der nicht nur wegen der Kälte möglichst schnell nach Hause will, ein tragisch-komisches Paar. Mit der überwiegenden Aufmerksamkeit für Abdul, für den das Leben ein großes Abenteuer ist. Bei meisterlicher Inszenierung, bei üppiger Ausstattung und einer historisch guten Besetzung bildet das Zusammen-Spiel von Judi Dench und Ali Fazal das Herz des Films. Zudem ist reizvoll, dass Dench bereits vor zwanzig Jahren als „Ihre Majestät Mrs. Brown“ (von John Madden) zu sehen war, in einer Episode Victorias, die sich sehr ähnlich mehr als dreißig Jahre vor diesen Ereignissen abspielte. Dass Frears, davon inspiriert, seine Königin Dench nun zum dritten Male, nach „Lady Henderson präsentiert“ (2005) und „Philomena“ (2013), zu großen Kamera-Momenten führte, erfreut uns bei einem anrührenden Kinogenuss.


Ein FILMtabs.de Artikel