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On the Milky Road

Serbien, Großbritannien, USA 2016 (Na mliječnom putu) Regie: Emir Kusturica mit Monica Bellucci, Emir Kusturica, Predrag Manojlović, Sloboda Mićalović 125 Min. FSK: ab 16

Emir Kusturica wurde in den 80er- und 90er-Jahren mit Preisen in Venedig („Schwarze Katze, weißer Kater“), Cannes („Time of the Gypsies“, „Underground“, „Papa ist auf Dienstreise“) und Berlin („Arizona Dream“) überhäuft. Der große Egomane, der in „Maradona by Kusturica“ (2008) unbedingt mit Maradona Fußball spielen wollten, spielt nun mit Monica Bellucci und präsentiert wieder vertraute Reize seiner Werke: Pralles Tierleben („Schwarze Katze, Weißer Kater“) und Bürgerkrieg („Underground“), burleskes Chaos im einfachen Volk, unterlegt mit Balkan-Klängen und durchlöchert vom Kugelhagel. Märchenhaftes, wenn die Realität unerträglich wird.

Kusturica spielt selbst den Milchmann Kosta, auf seinem Esel der stille Narr, der sich im Kriegs-Treiben treiben lässt, der unentschieden beobachtet und lange braucht, bevor er doch einmal handelt. Das schöne Pistolenweib Milena will ihn als Bräutigam. Aber er hat sich in die geheimnisvolle Italienerin Nevesta (Monica Bellucci) verliebt, die Milena für ihren Bruder, den Kriegshelden Žaga „eingekauft“ hat. Zudem wird Nevesta von ihrem rachsüchtigen Ex-Mann, einem UN-General, gejagt.

Monica Bellucci, das älteste Bond-Girl aller Zeiten, sieht gut aus, trällert ein italienisches Liedchen und leidet als bedrohte Braut. Sie ist die Helena im jugoslawischen Bürgerkrieg, im Troja Kusturicas. Ja, auch diese verrückte Liebesgeschichte voller schön verrückter Figuren und traumhaft poetischer Situationen ist nicht frei von selbstverliebten Längen. Aber das teilweise groteske Theater ist auch reich an magischen Momenten. Die Tiersymbolik des Falken mit der freundlichen, milchgenährten Schlange, der Schwäne im Blutbad des frisch erlegten Schweines, ist eine ganz eigene Welt. Die Verwüstungen des Krieges, die erst durch einen UN-General richtig schrecklich werden, sind in einem verzweifelten poetischen Versuch dargestellt, wenn ein Schmetterling den mordenden Schergen, die vorher ein ganzes Dorf mitsamt der Bewohner abgefackelt haben, auf der Nase herum tanzt. Das Huhn, das eitel unablässig vor einem Spiegel rum hüpft, die riesige, durchdrehende Uhr aus Habsburger Zeiten, die nicht zu stoppen ist … „On the Milky Road“ schwappt über vor Bildern und Ideen. Ein bitteres Märchen und ein filmisches Spektakel – einzigartig wie Kusturica selbst.


Ein FILMtabs.de Artikel