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Der Stern von Indien (2017)

Großbritannien, Indien 2017 (Viceroy’s House) Regie: Gurinder Chadha mit Hugh Bonneville, Gillian Anderson, Michael Gambon, Manish Dayal, Huma Qureshi 107 Min. FSK: ab 6

Die Britin Gurinder Chadha ist eine ausgezeichnete Regisseurin, die aus dem Punjab stammt. Ihre Filme wie „Picknick am Strand“ (1993), „Kick It Like Beckham“ (2002) und „Liebe lieber indisch“ (2004) zeigen immer wieder Begegnungen und Konfrontationen zwischen den Kulturen. Nun zeichnet sie in einem großen, melodramatischen Epos die Trennung von Indien und Pakistan nach: 1947 kommen Lord Mountbatten (Hugh Bonneville) und seine Frau Edwina (Gillian Anderson) nach Delhi. Als Vizekönig soll Mountbatten die britische Kronkolonie in die Unabhängigkeit entlassen. In seinem Palast arbeiten auch der junge Hindu Jeet (Manish Dayal), der hier unverhofft seine einstige Flamme wiedertrifft, die schöne Muslima Aalia (Huma Qureshi). Die Verbindung zwischen Angehörigen der verfeindeten Religionen, die sich gerade im ganzen Land in blutigen Unruhen umbringen, ist nahezu unmöglich. Für Mountbatten bleibt nur die Aufteilung in die neuen Staaten Indien und Pakistan, um den Bürgerkrieg zwischen Hindus, Sikhs und Muslims zu stoppen.

Unter den Führern der verschiedenen Gruppen tritt auch Ghandi auf. Die Diskussion um die Entscheidung bleibt vor allem spannend im Gespräch zwischen dem Viceroy und seiner klügeren und mit der Situation vertrauteren Frau Lady Edwina Mountbatten, gespielt von der großartigen Gillian Anderson („American Gods“, „Akte X“). Die große befriedende Idee scheitert auch an der Ausführung mit weltpolitisch orientierter Einflussnahme durch Churchill und durch unfähige Bürokraten, deren Grenzziehungen auch durch die Provinz Punjab, heute noch für Kriege sorgen. Bei dieser interessanten Aufarbeitung eines historischen Einschnitts vor 70 Jahre bleibt allerdings ohne weitere Hintergründe nur die Erkenntnis, dass Religion eine ziemlich bescheuerte Erfindung ist.

In historischer Fortsetzung der BBC-Serie „Indian Summers“, die auf Arte lief, macht die History-Soap auf großer Leinwand mit geschickt einmontierten, alten dokumentarische Aufnahmen schockierend den Ausmaß der mörderischen Massenunruhen und machen die Dringlichkeit des Problems klar. Auch die unglaubliche Völkerwanderung von 14 Millionen Menschen in ihre neu zugewiesene Heimat, die eine Million Opfer forderte, erschüttert. Viele Details wurden sorgsam eingestreut, so die enorme Armut der Engländer selbst nach dem Krieg. Aber auch wenn die Großmutter der Regisseurin die Ereignisse selbst miterleben musste, „Der Stern von Indien“ erzählt letztlich aus der Perspektive der Kolonialisten, was als seltsamer Beigeschmack über den ganzen Film liegt.


Ein FILMtabs.de Artikel